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Bayern: Staatskanzleichefin im Visier

29. Juli 2014

Die Staatsanwaltschaft überprüft eine Jahre zurückliegende Firmenbeteiligung der CSU-Politikerin. Anlass sind Betrugs- und Steuerhinterziehungsvorwürfe. Die Opposition fordert bereits den Rücktritt Haderthauers.

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Christine Haderthauer und ihr Ehemann Hubert bei den Festspielen in Bayreuth (Foto: Fall picture-alliance/dpa)
Christine Haderthauer und ihr Ehemann Hubert bei den Festspielen in BayreuthBild: picture-alliance/dpa

Bayerns Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) droht ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs- und Steuerhinterziehungsvorwürfen. Das meldete die "Augsburger Allgemeine". Demnach hat die Staatsanwaltschaft München II die Aufhebung ihrer Immunität beantragt.

Fünfstellige Preise für Modellautos

Haderthauer steht wegen ihrer früheren Beteiligung an der Firma Sapor Modelltechnik seit Monaten in der Kritik. Sie war vor ihrem Einzug in den Landtag von 1992 bis Ende 2003 Miteigentümerin des Kleinunternehmens - verkauft wurden Modellautos, die psychisch kranke Straftäter im Maßregelvollzug bauten. Anlass der staatsanwaltlichen Aktivitäten ist offensichtlich eine Anzeige des früheren Geschäftspartners Roger Ponton gegen das Ehepaar Haderthauer.

Ponton und die heutige Staatskanzleichefin waren in den 90er Jahren gemeinsam Eigentümer von Sapor Modelltechnik. Nach Haderthauers Darstellung war Ponton ab 1996 nicht mehr zu erreichen und meldete sich erst 2011 wieder. In der Zwischenzeit hatte die CSU-Politikerin ihren Firmenanteil an ihren Mann übertragen. Hubert Haderthauer verkaufte diesen Anteil 2008, seitdem ist das Ehepaar nicht mehr an der Firma beteiligt. Ponton forderte nach seinem Wiederauftauchen 2011 Entschädigung, beide Seiten einigten sich auf eine Abfindung von 20.000 Euro, wie der Haderthauer-Anwalt kürzlich mitgeteilt hatte. Nachdem dann aber Medien berichteten, dass einzelne Modellautos fünfstellige Preise erzielt hätten, ging Ponton zur Staatsanwaltschaft - er fand im Nachhinein die Abfindung zu niedrig. Die Ermittler nahmen die Vorwürfe offensichtlich ernst.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer und Staatskanzleichefin Christine Haderthauer bei einer Kabinettssitzung im Mai 2014 (Foto: picture-alliance/dpa)
Wie lange hält das von Ministerpräsident Seehofer für seine Kanzleichefin ausgesprochene Vertrauen noch an?Bild: picture-alliance/dpa

Der SPD-Abgeordnete Horst Arnold forderte erneut den sofortigen Rücktritt der Staatskanzleichefin: "Haderthauer hat versucht, die Öffentlichkeit und das Parlament über ihre Beteiligung an der Firma Sapor Modelltechnik wiederholt zu täuschen." Sie sei charakterlich nicht geeignet für ihr Amt. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause bekräftigte ihre Drohung, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Das übliche Verfahren in derartigen Fällen ist nicht die sofortige Aufhebung der Immunität. Vielmehr informiert die Staatsanwaltschaft den Landtag, dass sie zu ermitteln gedenkt. Sofern der Landtag nicht innerhalb von 48 Stunden Widerspruch einlegt, können die Ermittler tätig werden, ohne dass die Immunität formell aufgehoben wäre.

Rückendeckung nach Krisensitzung

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hält trotz des drohenden Ermittlungsverfahrens an seiner Staatskanzleichefin fest. Allein die Aufnahme von Ermittlungen begründe keine Notwendigkeit, personelle Konsequenzen zu ziehen, erklärte die Staatskanzlei am Dienstag in München. Seehofer hatte zuvor den Fall mit Haderthauer, den stellvertretenden Ministerpräsidenten Ilse Aigner und Joachim Herrmann sowie CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer erörtert. Sie seien dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht um ein Dienstvergehen gehe. Deshalb sei einer von Seehofer vergangene Woche abgegebenen Vertrauenserklärung nichts hinzuzufügen.

Haderthauer erklärte demnach, dass sie die Anschuldigungen voll umfänglich widerlegen könne. Es sei daher davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zügig abschließen könne. Haderthauer zählt zu den möglichen Nachfolgekandidaten des 2018 scheidenden CSU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten.

sti/kle (afp, dpa)