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Schwarz-gelb, rot(-rot)-grün

24. Oktober 2008

Erfolgreiche Koalitionsverhandlungen in Hessen und in Bayern: In Wiesbaden leiteten SPD und Grüne neun Monate nach der Wahl den Machtwechsel ein. In München wird erstmals seit vier Jahrzehnten eine Koalition regieren.

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Seehofer und Leutheusser-Schnarrenberger informieren nach ihren Koalitionsgesprächen die Presse, Quelle: AP
Seehofer und Leutheusser-Schnarrenberger informieren nach ihren Koalitionsgesprächen die PresseBild: AP

Knapp vier Wochen nach dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit hat die CSU mit der FDP die Bildung einer schwarz-gelben Koalitionsregierung vereinbart. Der designierte CSU-Chef und künftige Ministerpräsident Horst Seehofer sagte am Freitag (24.10.2008) in München vor Journalisten, "der Koalitionsvertrag zwischen CSU und FDP steht". Er sei "sehr zufrieden" mit dem Inhalt. Die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nannte den Koalitionsvertrag "aus Sicht der FDP einen großen Erfolg". Es sei ihr gelungen, genügend liberale Handschrift einzubringen. Die erste Koalition seit 46 Jahren soll am Montag mit der Wahl des neuen CSU-Chefs Horst Seehofer zum Ministerpräsidenten besiegelt werden.

Ladenschluss bleibt

Horst Seehofer und Sabine Leutheuser-Schnarrenberger, QUelle: AP
Horst Seehofer und Sabine Leutheuser-SchnarrenbergerBild: AP

Die FDP übernimmt das Wirtschafts- und das Wissenschaftsministerium. Wie verlautete, hat sich die FDP mit einer deutlichen Einschränkung bei der Online-Durchsuchung gegen die CSU durchgesetzt. Demnach dürfen in Bayern nun doch keine Wohnungen von der Polizei für Online-Durchsuchungen betreten werden. Stattdessen sind diese gemäß dem Bundesgesetz auch im Freistaat nur via Online-Zugriff auf den Computer möglich. Dafür verzichtete die FDP auf die ursprünglich verlangte Freigabe des Ladenschlusses in Bayern. Vor einer Entscheidung über den ebenfalls umstrittenen Bau von Staustufen in der Donau sollen weitere Studien abgewartet werden. Wer welches Ministeramt übernimmt, ist noch offen. Damit werde er sich nach der Wahl zum Ministerpräsidenten befassen, sagte Seehofer.

Seehofer sagte, dass die Knackpunkte zwischen CSU und FDP auf den letzten Tag gelegt wurden, sei eine bewusste Entscheidung gewesen, um einen Interessensausgleich herbeizuführen. Am Samstag soll der CSU-Parteitag in München nicht nur Seehofer zum neuen Parteichef wählen, sondern auch über den Koalitionsvertrag befinden. Am Sonntag folgt dann in Ingolstadt auch ein FDP-Landesparteitag zu den Vereinbarungen mit der CSU.

Zitterpartie

Der hessische Fraktionschef der Grünen, Tarek al-Wazir, QUelle: AP
Der hessische Fraktionschef der Grünen, Tarek al-WazirBild: AP

In Hessen legten SPD und Grüne derweil mit einem Koalitionsvertrag die Basis für den Machtwechsel. Am 4. November wollen sie die neunjährige Regierungszeit von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) beenden. Eine rot-grüne Regierung unter einer Regierungschefin Andrea Ypsilanti (SPD) ist im Wiesbadener Landtag auf die Tolerierung der Linken angewiesen. Da die SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger Ypsilanti deswegen nicht wählen will, kann das Linksbündnis nur mit der denkbar knappsten Mehrheit von 56 Stimmen rechnen. Ein einziger Abweichler würde die Wahl scheitern lassen.

Dem rot-grünen Kabinett sollen zehn Minister angehören. Die Grünen übernehmen in der neuen Regierung zwei Ressorts: Der Landesvorsitzende der Partei, Tarek Al-Wazir, wird Umweltminister. Priska Hinz übernimmt das Bildungsministerium. Der SPD-Umweltexperte Hermann Scheer musste zurückstecken und wird Wirtschaftsminister.

Tiefgreifende Bildungsreform

SPD und Grüne einigten sich unter anderem auf eine tiefgreifende Bildungsreform. So soll bis zum Ende der Legislaturperiode 2013 der Hälfte aller weiterführenden Schulen die Option eröffnet werden, sich in eine "Neue Schule" umwandeln können, die künftig alle Schulabschlüsse anbieten soll. Zusätzlich sollen mehr Lehrer eingestellt werden. Ypsilanti bezifferte die Mehrausgaben für die verbesserte Lehrerversorgung auf 40 Millionen Euro pro Jahr.

Andrea Ypsilanti nach den Koalitionsverhandlungen, Quelle: AP
Andrea Ypsilanti nach den KoalitionsverhandlungenBild: AP

Den Streit um ein Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen entschärften beide Parteien durch einen Kompromiss. So soll der bestehende Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Flughafens nicht angetastet werden. Zur Einführung eines absoluten Nachtflugverbots ist dagegen ein neues Planfeststellungsverfahren beabsichtigt. Um die Einnahmesituation des Landes zu verbessern, einigte sich Rot-Grün auf die Einführung eines Wassercents, der dem Haushalt 130 Millionen Euro einbringen soll. Ypsilanti sagte, zur Finanzierung der Vorhaben habe man sich auf unter anderem auf Umschichtungen und Einsparungen geeinigt. (stu)