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Gericht kippt Kopftuchverbot für Juristinnen

30. Juni 2016

Dürfen Jurastudentinnen im Gerichtssaal Kopftuch tragen? Nein, bestimmte die bayerische Staatsregierung. Doch ein Augsburger Gericht entschied jetzt anders. Ausgestanden ist der Fall aber noch nicht.

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Eine Jurastudentin sitzt mit einem Kopftuch in einem Gerichtssaal (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa/K. J. Hildenbrand

Das Augsburger Verwaltungsgericht hat das in Bayern seit acht Jahren geltende Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen für unzulässig erklärt. Das Gericht gab einer muslimischen Jura-Studentin recht, die seit 2014 im Vorbereitungsdienst bei der Justiz ist und dabei die Auflage erhalten hatte, dass sie bei Auftritten mit Außenwirkung kein Kopftuch tragen dürfe.

Das Münchner Oberlandesgericht hatte sich bei der Auflage an einer Verordnung des bayerischen Justizministeriums von 2008 orientiert, wonach Referendarinnen beispielsweise im Gerichtssaal oder bei Zeugenvernehmungen auf ihr Kopftuch verzichten müssen. Die Augsburger Richter bemängelten aber nun, dass es für einen solchen Eingriff in die Religions- und Ausbildungsfreiheit keine gesetzliche Grundlage gebe.

Bayern will Urteil nicht akzeptieren

Justizminister Winfried Bausback kündigte umgehend an, Berufung einlegen zu wollen. "Wir können das Ergebnis so nicht stehen lassen", sagte er. "Jede Partei, jeder Angeklagte und jeder sonstige Verfahrensbeteiligte, der der Dritten Gewalt im Gerichtssaal gegenüber steht, muss auf die Unabhängigkeit, die Neutralität und erkennbare Distanz der Richter und Staatsanwälte vertrauen können", führte der CSU-Politiker aus. Für Referendare dürfe im Gerichtssaal nichts anderes gelten. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung war die Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ausdrücklich zugelassen worden.

Die 25 Jahre alte Studentin sah sich durch das Kopftuchverbot als diskriminiert und stigmatisiert an. Deswegen hatte sie auch eine Klage auf 2000 Euro Schmerzensgeld gegen den Freistaat eingereicht. Nach Ansicht der Verwaltungsrichter ist solch eine Amtshaftungsklage grundsätzlich begründet.

Ähnlicher Fall in Berlin

Nach Angaben des Justizministeriums in München ist der Fall in Bayern einmalig: Bislang habe es noch keine Klage gegen die Kopftuch-Auflage gegeben, hieß es. Wegen des Rechtsstreits werde derzeit bei ähnlichen Fällen aber auf solche Vorgaben verzichtet.

Vor einem Jahr gab es in Berlin-Neukölln einen ähnlichen Fall. Einer Muslima, die bei dem Rechtsamt einen Teil ihrer Ausbildung absolvieren wollte, wurden die gleichen Vorgaben gemacht. Die Referendarin suchte sich dann aber eine andere Stelle.

Auch die Frage, ob muslimische Lehrerinnen in der Schule ein Kopftuch tragen dürfen, beschäftigt zunehmend die Gerichte. Das Bundesverfassungsgerichts hatte im Januar 2015 entschieden, dass ein pauschales Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen nicht mit der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit vereinbar ist.

mm/as (dpa, BR)