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Bauen für den Frieden

6. Dezember 2006

Deutschland hat mit dem Bau einer fünf Kilometer langen Straße sein bislang größtes Projekt in Südafghanistan angestoßen. Kritiker sprechen von Beschwichtigungsmaßnahmen, damit deutsche Soldaten nicht dorthin müssen.

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Bauarbeiter vermessen das Gelände in der Region Kandahar, Quelle: dpa
Deutsche Baustelle in KandaharBild: picture-alliance/dpa

Die Planierraupen und Bagger haben nach den Vermessungsarbeiten am Mittwoch (6.12.) ihre Arbeit aufgenommen und damit das bislang größte deutsche Projekt im umkämpften Süden Afghanistans begonnen. Die eine Million Euro teure und rund 4,5 Kilometer lange Straße wird eine Schnellstraße von Kandahar nach Herat mit dem Distrikt Pandschwai verbinden. Ein Ort mit Symbolkraft, denn dort tobten im Sommer und Herbst die schwersten Kämpfe seit dem Sturz der Taliban.

ISAF-Soldaten aus Kanada in der Provinz Kandahar, Quelle: AP
Gefährlich: Die südafghanische Region KandaharBild: AP

Im September begann die NATO-geführte ISAF eine Offensive, um die Taliban aus dem Distrikt zu vertreiben. Dabei kamen mehrere ausländischen Soldaten und hunderte Rebellen ums Leben. Bei ISAF-Bombardements starben aber auch zahlreiche Zivilisten.


Als Bonbon beim Gipfel

Der Beschluss der Bundesregierung zu diesem Projekt war kurz vor dem NATO-Gipfel in Riga Ende November gefallen. In dessen Vorfeld hatte die NATO die Bundesregierung immer wieder angemahnt, deutsche Soldaten zur Entlastung der Briten, Kanadier und Niederländer in den umkämpften Süden Afghanistans zu schicken. Merkel blieb jedoch standhaft und bot stattdessen das Straßenbau-Projekt an. Die Kosten trägt das Auswärtige Amt, umgesetzt wird das Projekt von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Eine afghanische Firma baut die Straße mit Arbeitern aus der Region.

Karte Afghanistan, Quelle: DW/AP
Pulverfass AfghanistanBild: Montage DW/AP

Die NATO verfolgt im unruhigen Süden Afghanistans die Strategie, so genannte "Entwicklungszonen" zu schaffen: Die radikalislamischen Taliban sollen aus diesen Gebieten mit Gewalt vertrieben werden. Anschließend soll die Internationale Gemeinschaft dort mit massiven Mitteln schnell sichtbare Wiederaufbauarbeit leisten. Damit sollen die "Herzen und Köpfe" der Afghanen gewonnen werden.

Taliban wieder Zulauf

Aus Mangel an sichtbarer Entwicklung fünf Jahre nach dem Sturz der Taliban haben sich besonders im Süden des Landes zahlreiche Menschen wieder den Rebellen zugewandt. Der radikal-islamische Aufstand kostete in diesem Jahr bislang mehr als 3700 Menschen das Leben, vier mal so viele wie im gesamten Vorjahr.

Deutsche ISAF-Soldaten, Quelle: dpa
Deutsche Soldaten nach Südafghanistan?Bild: picture-alliance/ dpa

Afghanistans Handels- und Industrieminister Amin Farhang hat die Entscheidung der Bundesregierung, in Südafghanistan eine Straße zu errichten, statt Kampftruppen zu entsenden, begrüßt. "Es ist nicht unbedingt notwendig, dass alle in Afghanistan anwesenden Sicherheitskräfte nach Süden gehen", sagte er. Auch die NATO begrüßte das zivile deutsche Engagement in Kandahar. Angesichts der Belastungen britischer, kanadischer und niederländischer Soldaten im Kampfgebiet dürfte die Forderungen der NATO nach Unterstützung jedoch nicht lange von der Tagesordnung verschwinden - auch wenn die Bundesregierung derzeit noch andere Wiederaufbau- Projekte in Südafghanistan prüft.


Soldaten nur in Notfällen in den Süden

Deutschland ist mit derzeit mehr als 2900 Soldaten der drittgrößte Truppensteller der ISAF. Die Bundeswehr hat das Regionalkommando für Nordafghanistan inne. Laut Bundestagsmandat dürfen deutsche Soldaten nur in Notfällen vorübergehend außerhalb ihres Einsatzgebietes im Norden und in Kabul eingesetzt, aber nicht dauerhaft ins Kampfgebiet verlegt werden. (ina)