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"Bauhaus - Alles ist Design": auf den Spuren des Bauhaus

Sabine Oelze1. April 2016

Anfang des 20. Jahrhunderts waren sie Rebellen, die Künstler und Architekten um Walter Gropius. Ihre Werke faszinieren bis heute. Was macht sie so zeitlos? Das will eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle Bonn wissen.

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Zwei Wagenfeld-Lampen
Bild: picture-alliance/dpa/O.Berg

Was gibt es heute noch Neues vom Bauhaus? Rund 4500 Publikationen und etliche Ausstellungen gab es seit der Gründung des "Staatlichen Bauhauses" in Weimar im Jahr 1919. Ist also, drei Jahre vor dem 100jährigen Jubiläum, nicht längst alles gedacht, geschrieben und gesagt?

In Deutschland ist das Bauhaus ein fester Begriff, vor allem unter Heimwerkern. Die meisten lieben einen Besuch in der gleichnamigen Baumarktkette, die es in jeder größeren Stadt zwischen Kiel im Norden und Oberammergau im Süden gibt. Aber nicht nur für Häuslebauer, auch für Kulturschaffende geht nichts am Bauhaus vorbei. Dass auch heute noch das am 1. April 1919 gegründete "Staatliche Bauhaus" in ihrer Arbeit eine feste Größe ist, zeigt eine Umfrage, die das Vitra Design-Museum in Weil am Rhein für die Ausstellung "Das Bauhaus - #allesistdesign" in Auftrag gab. Sechzig Architekten, Künstler oder Designer gaben eine Antwort auf die Frage: Welche Rolle spielt das Bauhaus heute noch?

Künstler-Umfrage zur Bedeutung des Bauhaus

Bis auf einen südafrikanischen Künstler, der antwortete, "das Bauhaus interessiert mich nicht", bestätigten die meisten die Vorbildfunktion der Gestaltungspioniere rund um den Gründer Walter Gropius. Der Künstler Tobias Rehberger antwortete: "Das Bauhaus war eines der radikalsten, alles verändernden Konzepte, das es vielleicht jemals gab." Andere wiederum verhöhnten das Bauhaus lustvoll als Ballast der Geschichte. Aus Hongkong schrieb der Designer Alan Chan. Dort sei "Bauhaus" ebenfalls "ein beliebter Begriff – eine Jeansmarke heißt so".

Bauhaus: nicht nur rechtwinklig, auch bunt und sinnlich

Die Bundeskunsthalle Bonn – in Kooperation mit dem Vitra Design-Museum in Weil am Rhein – hat nachgeforscht und sich drei Jahre vor dem 100. Jubiläum entschieden, an den alle Disziplinen umfassenden Gestaltungswillen zu erinnern. Ein "Update" nennt der Direktor der Bundeskunsthalle, Rein Wolfs, die Ausstellung. Das Bauhaus wird als "Labor der Moderne" betrachtet, das Designer auf der ganzen Welt beeinflusst hat und noch immer beeinflusst. Durch klare Linien und Formen sollten nicht nur einzelne Objekte, sondern der ganze Mensch bzw. die ganze Gesellschaft erzogen werden. Dem Klischee, das die Bauhäusler umflort, nämlich eher asketische Möbel entworfen zu haben, die "irgendwie rechtwinklig und mit Leder überzogen" sind, wird eine Vielzahl von Entwürfen aus bunten Stoffen und sinnlichem Kinderspielzeug entgegengestellt.

Blick in die Geschichte: Bauhaus wollte das Wohnen revolutionieren

Es riecht nach Aufbruch in Weimar ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Wer die Welt ändern will, muss ihr auch ein neues Aussehen verpassen, lautet die Devise. In der Ausstellung hängt ein Plakat: Es zeigt eine Wohnung, eingerichtet im Stil des Biedermeiers. Darüber prangt ein Kreuz - und die Frage: Wie wohnen? So jedenfalls nicht, das haben die Bauhausmitglieder Willi Baumeister, Werner Graeff und Ludwig Mies van der Rohe damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.

Neues Wohnen mit dem Bauhaus

Für das neue Wohnen hatten die Bauhaus-Pioniere ganz konkrete Design-Vorschläge: Vom Schachspiel über das Tee-Service bis zum Freischwinger-Stuhl aus Stahlrohr sollte der Alltag eine komplett neue Formensprache bekommen. Anfangs war die Fertigung noch traditionell und handwerklich, Marcel Breuers Lattenstuhl brachte 1922 dann eine Wende: Danach wurden die neuen "Typenmöbel" industriell gefertigt. Marcel Breuer arbeitete dabei mit dem Unternehmen Junkers in Dessau zusammen und schuf das erste moderne Möbel aus Stahlrohr.

Bauhaus-Design: aktuell bis heute

Auf ihre asketischen Entwürfe gibt es auch heute noch Reaktionen, nicht alle feiern das Bauhaus, sondern reiben sich an ihm. Möbeldesigner Rutger de Regt zum Beispiel verwandelt die elegante Form in plumpe "Sesselfehlgeburten", so nennt er seine handgemachten Möbel, "Happy Misfits": Sie erinnern an einen Sitzsack und schwingen nicht frei, sondern wirken wie aus der Form geratene Michelinfiguren.

Alessandro Mendini schuf seinen eigenen Wassily-Sessel mit Tarnmuster, eine Parodie auf den Wassily-Sessel von Marcel Breuer aus dem Jahr 1925. Solche Re-Designs findet man vor allem in Möbel- und Produktentwürfen. Dann etwa, wenn die Belgier Unfold Bauhaus-Vasen im 3-D-Drucker herstellen. Dabei treffen neue Fertigungsmethoden auf das Design von damals und vollenden die Utopien von einem demokratischen Design, das "funktional", "billig", "haltbar" und auch noch "schön" sein sollte.

Genau so hat es Walter Gropius im Bauhaus-Manifest von 1919 verlangt. Mit gutem Design alle zu erreichen, bleibt auch in Zeiten digitaler Fertigung dennoch wohl eine Utopie. Das zeigt sich beim Besuch jedes beliebigen Möbelhauses in einem deutschen Gewerbegebiet.

Designklassiker: Der Clubsessel B3