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Bauernproteste gegen Schweinezucht-Patent

15. April 2009

Dürfen Lebewesen patentiert werden? Nein, finden Bauern und Umweltverbände. Und protestierten deshalb in München gegen das "Schweinezuchtpatent 1651777". Besitzer des Patents: der Gentech-Konzern Monsanto.

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Ferkel in einem Schweinezuchtbetrieb (Foto: AP)
Auf der Suche nach dem Super-Schwein: Gentest EP 1651777 soll es findenBild: AP

Und wieder ist der Agrarkonzern Monsanto in den Schlagzeilen: Nur einen Tag nach dem Verbot seiner Genmais-Sorte MON 810 gibt es nun Ärger um ein Schweinezucht-Patent, das der US-Agrarkonzern 2005 beim Europäischen Patentamt angemeldet hatte. Mehr als tausend Bauern sind deshalb am Mittwoch (15.04.2009) gemeinsam mit Umwelt- und Entwicklungsorganisationen vor dem Europäischen Patentamt in München aufgezogen. Die Teilnehmer des Protestmarsches fordern ein gesetzliches Verbot von Patenten auf Leben. Rund 5000 Privatpersonen sowie etwa 50 Verbände hatten sich dem Sammeleinspruch gegen das Patent "EP 1651777" angeschlossen. Vor knapp neun Monaten wurde das Patent erteilt, an diesem Mittwoch läuft die Einspruchsfrist ab.

Patent auf das Super-Schwein?

Das Europäische Patentamt in München (Foto: dpa)
Vor dem Europäischen Patentamt in München marschierten heute Bauern und Umweltschützer aufBild: picture alliance / dpa

EP 1651777 schützt ein Gentestverfahren, durch das besonders produktive Schweine identifiziert werden können. Denn diese besitzen ein Gen, dank dessen sie schneller zunehmen und ein saftigeres Fleisch haben, das außerdem beim Braten weniger schrumpft. Schweine, die dieses Gen im Erbgut haben, sind für die Zucht besonders interessant. Streit gibt es um die Frage, wie weitreichend das von Monsanto angemeldete Patent ist. Kritiker befürchten, dass nicht nur der Gentest selbst geschützt werde, sondern das Schwein mitpatentiert werde, das heißt auch die Zucht dieser besonders produktiven Tiere.

Bauern und Umweltschützer ungewohnt vereint

Ein grünes Schwein neben 'normalen' Schweinen (Foto: AP)
Taiwanesische Forscher erzeugen per Gen-Experimenten schon mal grüne SchweineBild: AP

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, sieht in dem Patent den "Sündenfall". Herkömmliche Zuchtmethoden wie Selektion und Kreuzung dürften nicht patentierbar werden, nur weil sie mit technischen Mitteln garniert würden. Er befürchtet eine Monopolisierung der Zucht durch Großkonzerne und damit eine Einschränkung für die Bauern.

Die Kritik am Patent führt zu einer ungewöhnlichen Protest-Koalition von Landwirten und Organisationen wie Misereor oder Greenpeace. Mit Hilfe von Patenten auf Saatgut und Tierzucht könne die gesamte Lebensmittelproduktion kontrolliert werden, befürchtet die Umweltschutzorganisation. Während jedoch der Bauernverband Gentestverfahren grundsätzlich als legitim erachtet, geht die Kritik der Umweltorganisationen zum Teil weiter.

Unklare Rechtslage

Der Streit um EP 1651777 wurzelt letztlich auf unklaren Regelungen im Hinblick auf die Reichweite des Patents. Beim Europäischen Patentamt bestreitet man, dass sich das Patent auch auf das Gen selbst und nicht nur auf den Test bezieht. Behördensprecher Rainer Osterwalder sagte der "Welt", der ursprüngliche Antrag hätte Teile des Gens enthalten, diesen Anspruch habe man aber herausgestrichen. Ein Gericht müsse klären, ob alle Schweine, die mit Hilfe der Genanalyse gezüchtet worden sind, unter den Patentschutz fallen.

Der Bauernverband kritisierte darüber hinaus auch die EU-Biopatentrichtlinie, in der es um die grundsätzliche Frage geht, ob Pflanzen und Tiere patentierbar sind. Bisher sei nicht geklärt, ob Tiere, die mit Hilfe patentierter Genanalyse gezüchtet worden sind, unter den Patentschutz fallen. Der Bauernverband unterstützt daher eine Bundesratsinitiative Hessens zur Verschärfung der EU-Biopatentrichtlinie. (aco/mag/dpa/kna)