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Baseball Bizarr

Udo Bauer14. Juli 2003

Der Volkssport Baseball gilt selbst vielen Amerikanern als zu langweilig – außer ein Skandal sorgt für eine Mediensensation. DW-TV-Korrespondent Udo Bauer über den Niederschlag einer italienischen Wurst in Milwaukee.

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Die Tatsache, dass die Pittsburgh Pirates gegen die Milwaukee Brewers am vergangenen Donnerstag (10.7.2003) einen 5-4-Sieg davontrugen, interessiert wirklich nur die Hardcore-Fans. Eine Szene aus einer der zahlreichen Spielpausen aber füllte noch ein paar Tage später alle Sport- und Nachrichtensendungen. Folgendes hatte sich zugetragen: Zur Unterhaltung (und Bewerbung) des Publikums im Stadion hatte eine Wurstfirma ein Rennen von vier Wurstmaskottchen inszeniert - direkt vorbei am Mannschaftsgraben des Gastteams aus Pittsburgh.

Offenbar aus schierer Langeweile schlug deren First Baseman Randall Simon einem der Maskottchen (Marke Italian Sausage) mit seinem Schläger auf den Hinterkopf. Nicht sehr fest zwar, eher als Anfeuerung gedacht, aber immerhin: Die junge Läuferin in der Wurstpelle geriet ins Straucheln, fiel zu Boden und riss die Bratwurst gleich mit. Nur die polnische Wurst und das Hot Dog kamen davon.

Chaos im Stadion und gleich mehrere Dutzend Replays der Szene von verschiedenen Kamerapositionen aus waren die Folge. Klar, dass das ein Nachspiel haben musste. Die Szene war zwar ultrakomisch wegen ihres Slapstick-Charakters, aber die beiden Läuferinnen wurden leicht an den Knien verletzt. "Gibt es jetzt eine Millionenklage gegen den Schläger aus Pittsburgh wie bei einem ähnlichen Vorfall im Mai 1994?", so fragten sich die Sportkommentatoren. Damals hatte das Maskottchen eines Teams aus Philadelphia einen Fan so enthusiastisch umarmt, dass der Fan später Rückenprobleme reklamierte und dafür 2,5 Millionen Dollar Schadensersatz zugesprochen bekam.

Es gibt Dutzende von Beispielen für Übergriffe von oder auf Maskottchen in den letzten zehn Jahren. Manchmal fühlen sich Spieler oder Fans von dem dreisten Verhalten der Maskottchen provoziert und es kommt zu einer Schlägerei, manchmal gehen sich die Figuren der gegnerischen Mannschaften gegenseitig an den Kragen, oder die Maskottchen verletzen ungewollt jemanden. Wie zum Beispiel "Billy the Marlin" aus Florida. Der hatte im Juli 2000 mit einer Spezialkanone zusammengepresste T-Shirts ins Publikum geschossen und dabei einen alten Mann am Auge getroffen. Auch der kurzzeitig ohnmächtige Rentner hatte - natürlich - gegen den Schützen geklagt.

Was aber geschah mit Randall Simon? Trotz des dreisten Wurstattentates kam er glimpflich davon. Er musste 432 Dollar an ein Gericht zahlen wegen "Störung der öffentlichen Ordnung" und sich bei der gestrauchelten Wurst entschuldigen. Er hatte zu Protokoll gegeben, dass die Würste den Anschein gemacht hatten, als wollten sie mit ihm spielen. Mandy Block, so die Italienische Wurst mit richtigem Namen, akzeptierte die Entschuldigung und wollte als Schadensersatz nur eins: die Tatwaffe - handsigniert von Randall Simon.