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José Manuel Barroso sieht einer zweiten Amtszeit entgegen

16. September 2009

Für Barroso stimmten 382 Abgeordnete, 117 Volksvertreter enthielten sich, 219 stimmten gegen ihn. Aus Brüssel kommentiert Christoph Hasselbach das Ergebnis.

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Bild: DW

Er hat es also geschafft. Eine Mehrheit der Europaabgeordneten steht hinter einer zweiten Amtszeit von Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten wollten Barroso ohnehin. Sie hatten ihn bereits im Juni einstimmig nominiert. Doch das Parlament stellte sich anfangs quer und lieferte sich dann monatelange Auseinandersetzungen mit dem Rat.

War Machtkampf wirklich nötig?

Es stellt sich die Frage: Hätte man sich diesen aufreibenden Machtkampf nicht auch sparen können, zumal Barroso der einzige Kandidat war. Außerdem waren seine Hauptunterstützer, die Fraktion der Europäischen Volkspartei, nach der Wahl erneut die mit Abstand stärkste Kraft.

Wiedergewählt: Josè Maunuel Barroso (Foto: AP)
Wiedergewählt: Josè Maunuel BarrosoBild: AP

Die Antwort ist: nein! Denn die Auseinandersetzungen waren absolut notwendig. Barroso musste im Parlament für sich und sein Programm werben. Eigentlich sollte das eine demokratische Selbstverständlichkeit sein, aber nicht im komplizierten Machtgefüge der Europäischen Union, wo die Mitgliedsstaaten die erste Geige spielen. Der Kandidat war gezwungen, verschiedenen Fraktionen Zugeständnisse zu machen. Er hat zum Beispiel den Liberalen versprochen, einen Kommissarsposten für Bürgerrechte zu schaffen, den Sozialisten hat er zugesagt, gegen Sozialdumping vorzugehen, und um die Grünen auf seine Seite zu ziehen, will er ein Extraressort nur für den Klimaschutz einführen. Bei den Liberalen konnte er damit punkten, bei den Sozialisten kaum und bei den Grünen überhaupt nicht.

Selbstbehauptung des Parlaments im Vordergrund

Eigentlich ging es jedoch um um etwas Grundsätzlicheres als um politische Zugeständnisse, bei denen noch gar nicht sicher ist, inwiefern sie erfüllt werden. Es ging letztlich um die Selbstbehauptung des Parlaments. Dieses oft als Quasselbude verspottete Parlament ist selbstbewusster geworden. Es lässt sich nicht einfach vom Rat einen Kandidaten zum Abnicken vorführen, mögen die Mehrheitsverhältnisse noch so eindeutig sein. Das Parlament ist gestärkt aus dem Streit um Barroso hervorgegangen und das ist ein demokratisches Plus für die europäischen Institutionen.

Auch für den Kommissionspräsidenten selbst ist die Auseinandersetzung gut. Mit einer hart erkämpften Parlamentsmehrheit im Rücken kann er selbstbewusster gegenüber den mächtigen Mitgliedsstaaten auftreten. Einen Wermutstropfen hat die Wahl trotzdem: Barroso wollte eine möglichst breite Mehrheit, aber nicht irgendeine, sondern eine proeuropäische. Auch ausgesprochen europaskeptische Abgeordnete haben ihn unterstützt. Ihre Stimmen nimmt Barroso trotzdem – und wird damit wieder seinen Ruf bestärken, den er bei seinen Kritikern hat. Sie nennen ihn das "Chamäleon".

Ein Kommentar von Christoph Hasselbach
Redaktion: Heidi Engels