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Banken sollen sich selbst retten

26. August 2010

Die Bundesregierung will eine Bankenabgabe für jedes Kreditinstitut in Deutschland, um im Falle einer nächsten Krise gerüstet zu sein. Den Gesetzentwurf hat sie jetzt auf den Weg gebracht.

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Notrufsäule vor den Bankentürmen von Frankfurt am Main (Foto: AP)
Ein Notruf der Banken soll nicht mehr den Steuerzahler treffen - wenigstens nicht sofortBild: AP

Tatsächlich ist die Bankenabgabe Teil eines größeren Gesamtpaketes, um den Finanzmarkt knapp zwei Jahre nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers zu stärken. Der Gesetzentwurf zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung systemrelevanter Banken, dem auch der Bundestag und die Länderkammer - der Bundesrat - zustimmen müssen, umfasst zwei zentrale Komponenten: Zum einen will er einen milliardenschweren Rettungsfonds einrichten. Zum anderen schafft er ein spezielles Insolvenzrecht für systemrelevante Banken, also für Banken, deren Pleite die gesamte Finanzbranche ernsthaft gefährden können.

Der Verlauf des Deutschen Aktienindex DAX am Montag, 15. September 2008, nachdem der DAX unter 6000 Punkte fiel (Foto: AP)
Lehman Brothers und die Folgen - das soll es kein zweites Mal gebenBild: AP

In den geplanten Rettungsfonds müssen alle Banken mit Sitz in Deutschland einzahlen. Versicherungen und Investmentfonds sind ausgenommen. Die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA), die den bereits existierenden Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) führt, soll auch den geplanten Restrukturierungsfonds verwalten.

Letzter Joker Steuerzahler

Gerät ein Kreditinstitut in ernsthafte Schwierigkeiten, soll es der Fonds kurzfristig unterstützten. Erst wenn die Fondsmittel aufgebraucht wären, bestünde Gefahr für den Steuerzahler, dass er die Hilfezahlungen mittragen müsste. Die Bankenabgabe wird voraussichtlich teurer als erwartet, weil sie nicht von der Steuer abgesetzt werden kann. Im letzten Jahr vor der Finanzkrise, 2006, hätte der Fonds 1,3 Milliarden Euro eingebracht. Zum Vergleich: In der jüngsten Krise hat die Bundesregierung allein der Commerzbank einen zweistelligen Milliarden-Betrag zur Verfügung gestellt.

Euro-Scheine gebündelt (Foto: dpa)
Gehts der Finanzbranche schlecht, fließt wenig Geld in den neuen FondsBild: dpa/PA

Die Höhe des geplanten Obulus orientiert sich am individuellen Risiko der jeweiligen Bank. Einfach gesagt: Je größer die Bank und je riskanter die Geschäfte, umso größer die Abgabe. Eigenkapitalstarke und kundenorientierte Banken würden somit belohnt. Banken hingegen, die ihre Geld hauptsächlich an den Finanzmärkten verdienen, würden "bestraft". Darüber hinaus kann der Bund dem Fonds Kredite in Höhe von 20 Milliarden Euro vergeben. Zudem kann der neue Fonds Kreditgarantien von bis zu 100 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Dazu würden die Mittel des Bankenrettungsfonds SoFFin umgewidmet. Langfristig würde der neue Fonds den SoFFin ersetzen, denn schon ab 2011 können keine neuen Anträge auf SoFFin-Hilfen mehr gestellt werden.

Eingriff in die Grundrechte

Mit dem geplanten neuen Insolvenzrecht für wichtige Banken will die Bundesregierung sicherstellen, dass sie weniger erpressbar wird, dass sie nicht länger gezwungen werden kann, eine Pleitebank zu retten, um unüberschaubare Schäden von der gesamten Branche abzuwenden. Um eine Bank umbauen oder schließen zu können, sieht der Gesetzentwurf ein zweistufiges Verfahren vor: Auf der ersten Stufe steht ein freiwilliges Sanierungsverfahren, angelehnt an das in der Industrie bereits bekannte Insolvenzplanverfahren. Der Bankenvorstand kann darin selbst ein Sanierungsverfahren bantragen. Misslingt dies oder greift der Vorstand zu spät oder nach Meinung der Bankenaufsicht nicht beherzt genug ein, ordnen die Behörden ein Restrukturierungsverfahren an. Es ermöglicht teifgreifende Eingriffe in die Grundrechte wie beispielsweise das Eigentumsrecht.

Logo der Deutschen Bank (Foto: Bilderbox)
Allein die Deutsche Bank hat 7000 selbstständige EinheitenBild: bilderbox

So darf die Bankenaufsicht systemrelevante Teile der Bank ausgliedern und auf einen Konkurrenten oder eine staatliche Brückenbank übertragen. Den Rest der Bank wickelt sie ab. Was systemrevelvant ist, entscheidet die Aufsicht. Damit die Behörden im Krisenfall rasch handeln können, können sie von den Banken eine Art Testament einfordern, in dem die Banken darlegen, wie sie aufgespalten und abgewickelt werden könnten. Oft bestehen die Institute aus hunderten oder gar tausenden selbständigen Einheiten, deren Verflechtung untereinander die Bankenaufsicht im Ernstfall nicht schnell genug durchschauen könnte.

Die Bundesregierung geht mit ihrem Gesetzentwurf in Vorlage. Die EU-Kommission will erst im nächsten Frühjahr einen Plan zur Bankenrestrukturierung vorlegen.

Autorin: Jutta Wasserrab (dpa, rtr)
Redaktion: Henrik Böhme