1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bangladesch will Kriegsverbrecher anklagen

16. Juli 2009

38 Jahre nachdem sich Bangladesch von Pakistan löste, will die Regierung Bangladeschs Kriegsverbrecher vor ein internationales Tribunal bringen. Sie wirft Pakistan Völkermord im Unabhängigkeitskrieg vor.

https://p.dw.com/p/IrCi
Unabhängigkeitsparade in Bangladesch (Foto: AP)
Am 26. März feiert Bangladesch seine Unabhängigkeit - jetzt sollen die dunklen Kapitel aufgearbeitet werdenBild: AP

1971 war ein düsteres Jahr für die Menschen im früheren so genannten Ost-Pakistan, dem heutigen Bangladesch. Im Krieg um die Unabhängigkeit wurden hunderttausende Bauern, Fischer, Dorfbewohner und Fabrikarbeiter, aber auch Intellektuelle und Politiker umgebracht. Frauen und Kinder wurden gequält und vergewaltigt. Unzählige Häuser im ganzen Land gingen in Flammen auf.

Pakistan unterzeichnet Kapitulationserklärung(Foto: AP)
Der Unabhängigkeitserklärung folgte ein monatelanger Krieg - bis Pakistan aufgabBild: AP

Die Wunden der Vergangenheit können erst heilen, wenn die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen worden sind, sagt Imtiaz Ahmed, Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Dhaka: "Die Geschichten der direkt Betroffenen sind wirklich sehr traumatisch. Wenn diese Geschichten in dem Verfahren hochkommen, wird das den Heilungsprozess befördern. Denn die Opfer, deren Kinder umgekommen sind oder deren Eltern starben, müssen Gerechtigkeit erfahren."

Wahlversprechen Aufarbeitung

Als 1947 die britische Kolonialherrschaft in Südasien endete, wurde das Gebiet Bengalen dem muslimischen Pakistan zugeschlagen. 24 Jahre später, nach neun Monaten blutigem Bürgerkrieg, verkündete das Land seine Unabhängigkeit. Die Awami Liga, die Partei, die für die Unabhängigkeit gekämpft hatte, kam Ende vergangenen Jahres mit großer Mehrheit an die Macht zurück. Viele wählten sie, weil sie versprochen hatte, endlich die Kriegsverbrecher zur Verantwortung zu ziehen, sagt Imtiaz Ahmed. Der Druck der Zivilgesellschaft auf die Regierung ist enorm. "Die Partei weiß, dass das eine schwierige Aufgabe ist und politisch auch ein gewisses Risiko". Ahmed glaubt nicht, dass die Partei das noch verzögern kann. "Der Verfahrens-Prozess wird anlaufen und braucht seine Zeit."

Ist Bangladesch überfordert?

Um der Herausforderung gerecht zu werden, hat Bangladesch die Vereinten Nationen um Unterstützung gebeten und sie auch bereits zugesagt bekommen. Das ist ein wichtiger Schritt, sagt Abbas Faiz, Südasien-Experte bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Er warnt davor, aufgrund des öffentlichen Drucks vorschnell zu handeln: "Das müssen Menschen machen, die die Autorität und Kompetenz dazu haben." Beweise zusammenzustellen ist eine riesige Aufgabe. Möglicherweise eine zu große für Bangladesch, sagt Faiz. "Deshalb ist es sehr wichtig, dass die UN involviert sind."

Noch ist offen, wer genau die Untersuchungen durchführen wird und wer sich vor Gericht verantworten muss. Doch die Regierung Bangladeschs hat bereits größere Summen im Haushaltsbudget dafür vorgesehen.

Auch Pakistan kann profitieren

Wenn dieses erste Kriegsverbrecher-Tribunal in Südasien begonnen hat, wird es sich auf die Beziehungen zwischen Pakistan und Bangladesch auswirken, meinen Experten. Es wird Diskussionen geben über die Verantwortung des früheren Pakistan an den Kriegsgräueln. Pakistan erkennt nicht das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen an, das Bangladesh ihm vorwirft und hat sich bisher nicht offiziell entschuldigt. Doch Imtiaz Ahmed, Fachmann für Internationale Beziehungen, ist optimistisch: "Wenn der Prozess einmal begonnen hat, und er mit Offenheit und Engagement geführt wird, dann haben beide Staaten die Chance, ein besseres Verhältnis zu aufzubauen und nicht mehr in der Vergangenheit gefangen zu sein."

Viele Menschen in Bangladesch hoffen, dass Pakistan im Verlauf des Verfahrens mit dazu beizutragen wird, die Menschenrechtsverletzungen im Unabhängigkeitskrieg zu untersuchen.

Autorin: Ana Lehman
Redaktion: Manfred Götzke