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Bahn droht Klage nach Hitzeschocks im ICE

12. Juli 2010

Die Hitze bringt die Bahn in die Bredouille. Kaputte Klimatechnik in ICE-Zügen machte Fahrgästen bei 50 Grad bis zum Kollaps zu schaffen. Trotz Entschuldigung hagelt es Vorwürfe, die Polizei ermittelt, Klagen drohen.

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ICE-Zug vor strahlender Sonne (Foto: AP)
Unter sengender Sonne: ICE-Züge mit KlimaproblemenBild: AP
Rettungskräfte versorgen eine kollabierte Schülerin am Bahnhof in Bielefeld.(Foto: dpa)
Rettungskräfte versorgen eine kollabierte Schülerin am Bahnhof in BielefeldBild: picture alliance/dpa

"Es kann ja nicht sein, dass wir demnächst Ärzte mitschicken müssen, um die Beförderung der Deutschen Bahn hinzukriegen", so lautet der bittere Vorwurf von Brigitte Borgstedt nach dem Hitzechaos-Wochenende. Die Leiterin der Sophie-Scholl-Gesamtschule in Remscheid kündigte am Montag (12.07.2010) wegen des Zusammenbruchs mehrerer ihrer Schüler auf einer Klassenfahrt Schadenersatzklage gegen die Deutsche Bahn an. Diese habe den Vertrag auf Beförderung nicht erfüllt, sagt sie. Außerdem rät die Schule den Eltern der betroffenen Kinder zu einer Sammelklage, sollten Ermittlungen den Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung bestätigen.

"Von kühlenden Getränken keine Spur"

Dem ist jetzt unter anderem auch die Bundespolizei auf der Spur. Sie ermittelt nach eigenen Angaben auch wegen möglicherweise unterlassener Hilfeleistung. Rund 40 Passagiere hatten bei einem Notstopp in Bielefeld von Notärzten wegen Kreislaufzusammenbruchs behandelt werden müssen. Von kühlenden Getränken, so wollen Mitreisende beobachtet haben, sei im ICE mit der defekten Klimaanlage auch weit und breit keine Spur gewesen. Eingeschaltet in die Ermittlungen sind auch die Staatsanwaltschaft Bielefeld und das Eisenbahnbundesamt, das Technik und betriebliche Abläufe unter die Lupe nimmt.

Bahnchef Rüdiger Grube (Foto: AP)
Persönliche Entschuldigung: Bahnchef GrubeBild: AP

Die Deutsche Bahn hat die Opfer der Klimapanne um Entschuldigung gebeten und Entschädigung versprochen. Konzernchef Rüdiger Grube höchstselbst nahm dabei den Hörer in die Hand. Vorwürfe, die Bahn spare an der Wartung der Klimaanlagen in Zügen, wies das Unternehmen als falsch zurück. Alle Züge würden vor der Abfahrt nach Vorschrift überprüft, heißt es. Während der Nacht-Wartung soll jetzt trotzdem noch einmal ein Extra-Blick für mehr Sicherheit sorgen. An Bord der ICE-Züge, so verlautet offiziell weiter, befänden sich zudem auch mehr Erfrischungsgetränke.

"Quittung für verfehlte Politik"

Der Fahrgastverband Pro Bahn und Grünen-Politiker werfen der Bahn vor, an der falschen Stelle zu sparen und damit die Klimapanne provoziert zu haben. Die Technik der Züge sei weder auf Sicherheit ausgelegt noch richtig gewartet, bemängelt etwa Harmut Buyken von Pro Bahn. Alles diene lediglich der Kostensenkung. Dabei werde der Ausfall billigend in Kauf genommen, sagt Buyken. Das Herstellerkonsortium der deutschen Industrie unter Führung von Siemens und die Deutsche Bahn AG erhielten jetzt die Quittung für ihre verfehlte Politik.

Ursache für Klimapanne noch nicht gefunden

Wegen der ausgefallenen Klimaanlagen macht auch das Bundesverkehrsministerium Druck. Das Thema Mängel bei den ICE-Zügen sei auf der Tagesordnung, hieß es aus Berlin. Der Aufsichtsrat werde sich in seiner nächsten Sitzung damit beschäftigen. Die Ursache für die mindestens zehn Klima-Defekte am Wochenende ist noch nicht gefunden.

Autor: Gerd Winkelmann
Redaktion: Martin Schrader