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Ayurveda

Karin Jäger12. Januar 2012

Die Maharishi Ayurveda-Klinik Bad Ems hat sich der traditionellen indischen Heilkunst Ayurveda verschrieben. Mit ihrem Angebot lockt die Klinik Gäste aus ganz Europa an.

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Pulsdiagnose am Herzschlag (Archivfoto: Maharishi Privat Klinik Bad Ems/DW)
AyurvedaBild: Maharishi Privat Klinik Bad Ems

Lodewyk Martyn von Nordheim strahlt. Die gute Laune hat er seiner Schwester zu verdanken. Indirekt. Er war, wie so oft, angespannt, wollte sich bei einem Fitnessurlaub mal so richtig austoben und auftanken, erzählt er. Doch seine fürsorgliche Schwester buchte für ihn nicht das gewünschte Sporthotel, sondern eine Klinik. Seither ist der Niederländer schon zum siebten Mal zur Kur in der Maharishi Ayurveda-Klinik in der rheinland-pfälzischen Kurstadt Bad Ems, um seine Akkus aufzuladen. 

Sein Tag beginnt mit Schwimmen im Thermalhallenbad, und kaum ist seine Haut trocken, wird sie schon wieder eingeölt. Zwei Therapeuten träufeln warmes Sesamöl auf seinen Körper und verteilen es synchron in sanften Bewegungen. Das dauert in der Regel zwei Stunden. Zusätzlich lässt er die einstündige, nicht besonders angenehme Nasenreinigung über sich ergehen. Die Massagen, Spülungen und Güsse sind Teil der Reinigungstherapie, die Panchakarma genannt wird und Stoffwechselgifte aus dem Gewebe schwemmen soll. Damit die Toxine auch sicher ausgeschieden werden, erhalten die Gäste täglich einen Einlauf. 

Lodewyk Martyn von Nordheim, Patient der Maharishi Ayurveda Privatklinik in Bad Ems, genießt einen Kreuzkümmel-Aperitiv ohne Alkohol (Foto: DW)
Auf die Gesundheit! -Lodewyk M. von NordheimBild: DW

Mit Kreuzkümmelbitter zum Würstchen-Voyeur

Die jeweiligen Behandlungen werden auf jeden Einzelnen ausgerichtet, jeder Mensch einem der drei Konstitutionstypen Vata, Pitta, und Kapha zugeordnet. Lodewyk Martyn von Nordheim ist ein Pitta-Vata-Mischtyp. Obwohl er wegen des Vata-Anteils warmes Wetter bevorzugen müsste, hat er sich wieder einmal die eher trüben und dunklen Wintermonate für seinen Aufenthalt in Bad Ems ausgesucht. "Da sitzt keiner draußen auf der Ufer-Promenade an der Lahn, der mich daran erinnern könnte, dass ich auf etwas verzichten muss", sagt der Holländer augenzwinkernd. "Aber ab und zu gehe ich in einen Supermarkt, um einen Blick auf die Würstchen zu werfen, die ich nicht essen darf." Und dann prostet er den anderen Gästen am Tisch mit einem alkoholfreien Kreuzkümmelbitter zu, der die Verdauung fördern soll. Als Vorspeise genießt der Kurgast Waldbeerenkompott mit Vanillecreme.

Süßes wird in der ayurvedischen Küche am Anfang gereicht, da die Verdauungskraft dadurch verstärkt wird und sich süße Nahrung besänftigend aufs Gemüt auswirkt, erklärt die leitende Klinikärztin Karin Pirc. Danach gibt es Salat und eine reichhaltige vegetarische Hauptspeise, als Getränk wird heißes Wasser gereicht. Alkohol und andere Genussgifte sind tabu. Die Folge ist, dass selbst ein Glas guten Rotweins nach der Kur nicht mehr schmeckt, weil der gereinigte Körper den Alkohol und die Weinsäure nicht mehr verträgt.

Zwei Therapeuten verteilen erhitztes Öl auf dem Oberkörper eines Mannes ( Archivfoto: Maharishi Ayurveda Privatklinik Bad Ems)
Ayurvedische MassageBild: Maharishi Privat Klinik Bad Ems

Sensibilisierte Körper

"Wenn man immer Dinge falsch macht, hat sich der Organismus, trotz starker Belastung, daran gewöhnt. Nach der Reinigung reagiert der Körper sensibler, so wie der Körper eines Kindes", erklärt Dr. Karin Pirc. Auch seien die Gäste während der Kur oft sehr müde, denn die Heilreize setzen dem Körper sehr stark zu. Leichte sportliche Bewegung ist erlaubt, viel Schlaf, besonders vor Mitternacht erwünscht, Fernsehgerät und Notebook sollen ausgeschaltet bleiben. Zur Kurzweil hören die Gäste am Abend Vorträge über gesunde Lebensweise, Ernährung und Entspannungstechniken wie Yoga und Transzendentale Meditation. "Wir wollen den Gästen ein Wissen vermitteln, dass sie seelisch, körperlich und spirituell weiter bringt", sagt der Klinik-Geschäftsführer Lothar Pirc, der 90 Mitarbeiter beschäftigt. Sie kümmern sich um 30 Gäste. 

Anne Günther kam nach einer Odyssee durch Arztpraxen hierher. Sie leidet an Morbus Crohn, einer chronisch-endzündlichen Darmerkrankung und an Hashimoto-Thyreoiditis, einer Schilddrüsen-Autoimmunerkrankung. Die Schulmediziner hatten sie längst aufgegeben. Die schlimmste Antwort sei gewesen: "Das ist nun mal chronisch. Nehmen Sie das Medikament für den Rest Ihres Lebens. Mehr kann man da nicht machen." Am Ayurveda fasziniert sie, dass der Mensch in seiner Gesamtheit betrachtet wird. Bei den Eingangsuntersuchungen fragen die Mediziner gezielt die Lebensgewohnheiten ab.

Dr. Karin Pirc, leitende Ärztin der Maharishi Ayurveda Privatklinik, Bad Ems, genießt die ayurvedische Küche im eigenen Haus (Foto: DW)
Das schmeckt! Dr. Karin PircBild: DW

Motivation dank hoher Kosten

Die Medikamente für eine lebenslange Behandlung zahlt die Krankenkasse, die Kosten für die Kur muss Anne Günther selbst tragen – 1500 Euro in der Woche. "Für die Ayurveda-Kur muss ich mein Erspartes aufbringen, aber es lohnt sich", sagt sie. Einen regelmäßigen Tagesablauf kannte sie bisher nicht. Dem Job hat sie stets Priorität gegeben. Nun stellt sie alte Gewohnheiten infrage, ist auf dem Weg, zur Ruhe zu kommen. "Meine Bewegungen sind nicht mehr so hektisch, ich rege mich nicht mehr so schnell auf", hat sie festgestellt.

Auch in Frankreich gebe es Ayurveda-Angebote, sagt die Germanistin, die in Paris arbeitet, allerdings seien die auf Wellness ausgerichtet. Hier in Bad Ems stehen die medizinischen Aspekte im Vordergrund. Sie hat sich vorgenommen, ihr Leben zu ändern. Die Therapien, die Vorträge haben sie ermutigt, mehr Ruhepausen im Alltag einzuplanen und die Ernährung nach ayurvedischen Grundprinzipien umzustellen.

Kurhotel, Thermalbad und Maharishi-Ayurveda-Klinik in einem Haus in Bad Ems an der Lahn (Foto: DW/Karin Jäger)
Maharishi-Ayurveda-Klinik: Bad Ems an der LahnBild: DW

"Wir animieren die Gäste zum Mitmachen", sagt Geschäftsführer Lothar Pirc. "Unsere Gäste sind motiviert, weil sie die Kosten der Kur aus eigener Tasche bezahlen müssen." Die Maxime seiner Frau, der Klinikleiterin Karin Pirc, lautet: "Ich empfinde die Patienten als Freunde." Und ihren "Freunden" empfiehlt sie, nach der Kur noch ein paar Tage Urlaub in Bad Ems zu machen und sich wenig Reizen wie anstrengenden Reisen auszusetzen." 

Yoga ist ein wichtiger Bestandteil der traditionellen indischen Heilkunst Ayurveda (Archivfoto: Maharishi Ayurveda Privatklinik Bad Ems)
Yoga macht ruhig und fröhlichBild: Maharishi Privat Klinik Bad Ems

Ludowyk Martyn von Nordheim hat die Botschaft verstanden. Nach der Kur wird er noch eine Woche in einem Fitnessstudio in Bad Ems intensiv Sport treiben. Und er wird in der Klinik wohnen bleiben. "Das Essen ist einfach so gut", sagt er und hebt sein Glas mit dem Kreuzkümmel-Kräuter-Auszug.