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Autonomie der polnischen Notenbank in Frage gestellt

10. Januar 2002

- Leszek Balcerowicz will sich von Regierung nicht unter Druck setzen lassen

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Warschau, 9.1.2002, 1200 GMT, POLNISCHER RUNDFUNK I, poln.

Der Vorsitzende des Monetären Rates, RPP, (und Chef der Polnischen Nationalbank - MD) Leszek Balcerowicz hat erklärt, der Rat werde mit der Regierung nicht über Zinsen verhandeln. Vor einer halben Stunde hat ein Treffen des RPP mit der Regierung begonnen.

(Balcerowicz) "Wir sind nicht hierher gekommen, um über Zinssätze zu sprechen, denn das passt nicht in den Verfassungsrahmen. Wir sind hierher gekommen - und ich scheue mich nicht, dies zu sagen - im obersten Interesse des Landes, um den gefährlichen Prozess der Konfrontation, an dem übrigens nicht wir schuld sind, zu beenden."

Den Äußerungen zahlreicher Regierungsvertreter ist zu entnehmen, dass der Sejm das Gesetz über die Nationalbank ändern und die Zahl der RPP-Mitglieder von neun auf 15 ausdehnen und die Vollmachten des Rates erweitern wird, sollte es nicht zu einer erheblichen Zinssenkung kommen. Außer dem Kampf gegen die Inflation und der Aufsicht über den Währungskurs wäre der Rat dann auch für das Wirtschaftswachstum und die Senkung der Arbeitslosigkeit zuständig. Nach Ansicht der meisten Wirtschaftsfachleute wird damit das Ziel verfolgt, die Unabhängigkeit der Polnischen Nationalbank zu beschränken. (TS)

PAP, 10.1.2001, poln.

Finanzminister Marek Belka hat mitgeteilt, die Regierung habe sich mit dem Monetären Rat (RPP) der Polnischen Nationalbank bei einem Treffen mit Premierminister Leszek Miller, dessen drei Stellvertretern und zwei Ministern der Regierung mit dem Chef der Polnischen Nationalbank Leszek Balcerowicz und fünf RPP-Mitgliedern am Mittwoch (9.1.) "über einige Bereiche der Zusammenarbeit" geeinigt. Das Treffen bezeichnete Belka als "gut und positiv".

Das Kabinett und der Monetäre Rat hätten sich auf eine Zusammenarbeit in der Zloty-Wechselkurspolitik angesichts des bevorstehenden EU-Beitritts Polens geeinigt. "Einer der Bereiche der Kooperation, auf die wir uns bei dem heutigen Treffen geeinigt haben, ist die Strategie der Wechselkurspolitik vor dem EU-Beitritt Polens", sagte Belka nach dem Treffen des RPP mit Kabinettsmitgliedern. "Es ist sehr wichtig, wann und zu welchen Bedingungen Polen sich der Währungsschlange anschließen wird", erklärte er. "Darüber kann ohne eine enge Zusammenarbeit nicht entschieden werden." (...).

Belka sagte, er erwarte, dass der RPP auf seiner nächsten Sitzung noch in diesem Monat mitteilen werde, ob Raum für eine Zinssenkung vorhanden sei. "Wir gehen davon aus, dass der RPP noch einmal zusammentreten wird, um darüber zu reden, dass er öffentlich bekannt gibt, wie es um die Wirtschaft tatsächlich steht und ob es Raum für eine Zinssenkung gibt." "Eine weitere Frage, die sich der RPP stellen muss, ist die, ob die Regierungspolitik zuverlässig ist und ob sie zuverlässiger wird", sagte der Finanzminister.

Die Regierung erwarte vom Monetären Rat, dass er seine restriktive Politik aufgibt und mit der Regierung zusammenarbeiten wird, nachdem sie ihr Wirtschaftsprogramm erarbeitet hat, sagte Arbeitsminister Jerzy Hausner nach dem Treffen am Mittwoch. (...). "Das heutige Treffen kann auf keinen Fall als abschließend bezeichnet werden, denn die endgültige Version des Wirtschaftsprogramms der Regierung liegt noch nicht vor", so Hausner. Die Regierung soll ihr Wirtschaftsprogramm Ende Januar bekannt geben. (...).

Vertreter der PSL (Polnische Bauernpartei) und UP (Arbeitsunion), die eine Novellierung des Gesetzes über die Zentralbank gefordert hatten, dahingehend, dass die Zusammensetzung, die Vollmachten und Zuständigkeiten des RPP geändert werden, erklärten am Mittwoch, ihre Parteien würden angesichts der Ergebnisse der Sitzung von ihren Forderungen nicht abgehen. "Wenn man die Ergebnisse berücksichtigt, die uns bekannt sind, so besteht jeder Anlass zu der Annahme, dass die Änderungen, die wir vorschlagen, notwendig sein werden", sagte Janusz Lisak von der UP der Nachrichtenagentur PAP.

Marek Belka erklärte jedoch am Mittwoch in einer Nachrichtensendung des Fernsehens, das Kabinett werde die Vorschläge der PSL und der UP wohl kaum unterstützen. "Das Kabinett wird auf die Parlamentsfraktion der SLD (Bündnis der Demokratischen Linken) keinen Druck ausüben, damit sie die Vorschläge unterstützt", sagte er. (TS)