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Autobauer "auf dünnem Eis"

Angela Göpfert

Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser ist erleichtert über das Ende des wilden Streiks im Bochumer Opel-Werk. Es bleiben aber Wermutstropfen für die Marke Opel, das Bochumer Werk und den Autostandort Deutschland.

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War der Ausstand in Bochum wirklich von Nutzen?Bild: AP

Die Bochumer Opel-Angestellten haben ihren Streik nach sieben Tagen beendet. Das hat die Belegschaft am Mittwoch (20.10.) auf einer Betriebsversammlung entschieden. Mit ihrem Ausstand hatten die Beschäftigten gegen den geplanten Abbau von 10.000 Stellen in Deutschland, davon allein 4000 in Bochum, protestiert. "Ich bin erleichtert. Mich stimmt zuversichtlich, dass die Belegschaft trotz aller Emotionen aus der Illegalität herausgekommen ist und auf einen lösungsorientierten Weg einschwenkt", sagt Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser im Gespräch mit DW-WORLD. Nach der ersten Erleichterung herrschen unter Experten unterschiedliche Meinungen darüber, welcher Schaden durch diesen siebentägigen Streik der Marke Opel, dem Bochumer Werk und letztlich dem Automobilstandort Deutschland entstanden ist.

Streik belastet Marke Opel nicht

Die Marke Opel und ihre Stellung innerhalb des Konzerns scheint durch den Ausstand jedenfalls nicht bedroht: "Opel bleibt das wesentliche Standbein von GM in Europa. Daran werden auch diese Streiks nichts ändern", betont Marc-René Thonn, Aktienanalyst bei der Privatbank M.M. Warburg. Georg Stürzer, Analyst bei der HypoVereinsbank, hingegen hält die konzerninterne Position von Opel bereits für geschwächt, "allerdings nicht durch die Streikkultur seiner Mitarbeiter, sondern durch seine Modellpolitik beziehungsweise die Ertragslage."

Späte Rache

Die Bochumer Opel-Beschäftigten aber haben sich mit dem wilden Streik möglicherweise keinen Gefallen getan. "Die Frage ist ja nicht, ob, sondern wo produziert wird", betont Thonn. Fehler in der Verhandlungsstrategie der Arbeitnehmer können somit bei zukünftigen Standortentscheidungen wie ein Damoklesschwert über ihnen schweben. "Die Konzernspitze wird sich natürlich sehr genau überlegen, wo ein großer Widerstand der Arbeitnehmer zu erwarten ist", prophezeit auch Eric Thode, Arbeitsmarkt-Experte der Bertelsmann-Stiftung.

Positiv denken

Martin Kannegiesser
Gesamtmetall-Präsident Martin KannegiesserBild: dpa

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement warnt hingegen vor Schwarzmalerei: Der deutsche Automobilstandort sei nach wie vor der weltweit stärkste - wesentlich besser als der Japans und erst recht als der der USA, sagte Clement im Bundestages.

Das mag vielleicht für das so genannte Premium-Segment gelten. Dort ist "Made in Germany" ein Pfund, mit dem man auf dem weltweiten Automobilmarkt noch wuchern kann. "Bei Porsche ist das ein Teil der Markenphilosophie. Deshalb wird ja auch der 'Cayenne' in Deutschland montiert", erklärt Hypo-Analyst Stürzer.

Standort Deutschland in der Diskussion

Für den Volumen-Bereich, in dem das Massengeschäft gemacht wird, verfügt Clements Aussage aber nur über eine kurze Halbwertszeit. Vorausgesetzt, die marken- und konzernübergreifende Tendenz, die Automobilproduktion in ost- und mitteleuropäische Länder zu verlagern, hält an. "Zusätzliche Kapazitäten werden nun einmal nicht in Hochlohnländern wie Deutschland und Frankreich aufgebaut", sagt Stürzer. "Für diese Tendenz ist Opel nur ein Wetterleuchten", sagt auch Gesamtmetall-Präsident Kannegiesser. Die deutsche Automobilindustrie bewege sich wegen der Angleichung der Standorte in Europa und weltweit "auf dünnem Eis". Es bestehe ein Sog hin zu anderen Standorten, "wo das Eis dicker ist", also billiger produziert werden könne.

Weite Wege

Letzten Endes kann sich aber die Entscheidung der Automobilkonzerne, Arbeitsplätze nach Osteuropa zu verlagern, als kurzsichtig erweisen: "In dem Maße, wie diese Länder wirtschaftlich aufholen, werden sich auch dort die Institutionen verändern", so Arbeitsmarkt-Experte Thode. Dann werden GM und andere Firmen sehr viel weitere Wege in Kauf nehmen müssen, um weiterhin den flexiblen Arbeitsmarkt zu finden, der sie derzeit nach Osteuropa lockt.