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Notstandsregierung in Not

23. August 2007

Notstandsregierung in Not: Auf gewaltsame Studentenproteste hat Bangladeschs Technokraten-Regime mit einer Ausgangssperre reagiert. Dennoch waren zahlreiche Menschen unterwegs.

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Protestierende Studenten in DhakaBild: AP

Die in Bangladesch verhängte unbefristete Ausgangssperre ist am Donnerstag (22.8.07) von der Bevölkerung nur zum Teil eingehalten worden. In der Hauptstadt Dhaka blieben die meisten Läden geschlossen, in den Straßen der 12-Millionen-Metropole waren aber zahlreiche Menschen zu Fuß oder in Rikschas unterwegs.

400 Verletzte

Die Ausgangssperre war am Mittwoch nach gewalttätigen Ausschreitungen für insgesamt sechs Städte verhängt worden - neben der Hauptstadt Dhaka die nördlichen Städte Rajshahi und Sylhet sowie die südlichen Agglomerationen Chittagong, Barisal und Khulna.

Dort war es Fernsehberichten zufolge am Mittwoch zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Studenten und Sicherheitskräften gekommen, allein in Dhaka sollen 400 Menschen verletzt worden seien. Die Fernsehbilder zeigten mit Stöcken und Steinen bewaffnete Demonstranten, die Polizei feuerte Tränengas auf die Protestierer. In Rajshahi wurde bei den Protesten am Mittwoch ein Unbeteiligter getötet.

"Teuflische Kräfte"

Die Unruhen hatten nach Angaben des Polizeichefs Shahidul Islam am Montag begonnen, als Studenten auf dem Universitätsgelände von Dhaka sich von den dort stationierten Soldaten belästigt fühlten. Die Studenten verlangten daraufhin, dass die Militärs von ihrem Campus abgezogen werden sollten, wo sie seit der Machtübernahme durch die Notstandsregierung im Januar stationiert waren.

Bei den Unruhen kam ein Mensch ums Leben. Am Mittwochmorgen zogen die Soldaten schließlich ab, doch die Proteste dauerten an. Die Regierung warf so genannten Trittbrettfahrern vor, sie hätten die Beschwerden der Studenten genutzt, um Unruhe zu stiften.

Der Chef der seit Januar amtierenden Notstandsregierung, Fakhruddin Ahmed, sagte in einer Fernsehansprache, die Ausgangssperre werde dazu dienen, "Anarchie" und "teuflische Kräfte" zu bekämpfen. Der Donnerstag wurde kurzfristig zum Feiertag erklärt. Der Fernsehsender CSB berichtete, sieben Journalisten seien seit der Verhängung der Ausgangssperre am Mittwochnachmittag festgenommen worden. Die Nachrichtenagentur United News of Bangladesh (UNB) meldete darüber hinaus, zwei Reporter seien geschlagen worden.

Kampagne gegen alte Elite

Die Proteste sind die erste große Herausforderung an die Technokratenregierung, die am 12. Januar nach Monaten politischer Unruhen und der Absage der für Ende Januar geplanten Parlamentswahlen die Macht übernommen hatte. In der Folge hatte die Notstandsregierung eine groß angelegte Kampagne gegen die alte Herrschaftselite verfolgt, der sie Korruption vorwarf. Die Maßnahmen, die zunächst auf ein positives Echo bei der Bevölkerung stießen, führten zur Festnahme von mehr als 150 führenden Geschäftsleuten und Politikern. Parlamentswahlen sagte die Regierung bis Ende 2008 zu.

Mitte Juli hatte die neue Führung auch die zwei führenden Politikerinnen des Landes angegriffen, die die Macht in Bangladesch seit 15 Jahren abwechselnd ausgeübt hatten. Ex-Premierministerin Cheikh Hasina Wajed wurde vorübergehend festgenommen, die frühere Regierungschefin Khaleda Zia verhört. Nach anfänglicher Beliebtheit der Notstandsregierung gab es in den vergangenen Wochen mehrfach Klagen wegen steigender Preise für Grundnahrungsmittel. Bangladesch ist eines der ärmsten Länder der Welt. (stu)