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UN-Beobachtermissionen

Tobias Oelmaier14. April 2012

Der Weltsicherheitsrat hat einstimmig die Entsendung einer ersten Beobachtermission nach Syrien gebilligt. Welche Aufgaben hat eine solche Beobachtermission der Vereinten Nationen und wie arbeitet sie?

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Un-beobachter (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Entscheidend ist immer, ob die Konfliktparteien den politischen Willen haben, wirklich Frieden zu schließen", sagt Ekkehard Griep. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen und dort vor allem für die Friedenssicherung der UN zuständig. "Die UN-Friedensoperationen können einen Friedensprozess nur abstützen, absichern und Beiträge leisten, damit die Konfliktparteien zusammenfinden. Mehr nicht."

Insgesamt 66 solcher Friedensmissionen haben die Vereinten Nationen seit 1948 beschlossen, 15 von ihnen laufen noch. Dabei wird unterschieden zwischen Beobachtermission, Friedensmission und Friedenserzwingung. Letztere, die Friedenserzwingung, kam bisher erst viermal vor: von 1950 bis 1953 im Koreakrieg, im zweiten Golfkrieg um Kuwait 1990, im Kosovokrieg 1999 und seit 2001 in Afghanistan. Im Unterschied zur Beobachtermission oder der Friedensmission sind solche Einsätze zur Friedenserzwingung auch gegen den Willen des betroffenen Staates oder der involvierten Konfliktparteien möglich.

Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien (Bild: reuters)
Beobachtermission der Arabischen Liga in SyrienBild: REUTERS

Keine Zustimmung, keine Beobachter

Widersetzt sich ein Land einem solchen Einsatz, hat der Sicherheitsrat auch keine Möglichkeit, eine Friedensmission zu entsenden. Gewährt es der Mission Zutritt, so muss unter anderem die Bewegungsfreiheit der Beobachter gewährleistet sein. Deswegen werden Fahrer, Übersetzer oder Führer in der Regel durch die UN selbst gestellt.

Das Mandat einer Beobachtermission wird durch den UN-Sicherheitsrat in einer Resolution individuell ausgestaltet, die Beobachtungsschwerpunkte werden auf die Gegebenheiten im jeweiligen Land angepasst. Die Beobachter - üblicherweise Offiziere mit  blauen Kappen als Erkennungszeichen - kontrollieren, ob ein Waffenstillstand eingehalten wird, wie die Entwaffnung von Milizen abläuft, wie sich die Konfliktparteien annähern oder ob Wahlen nach internationalen Grundsätzen abgehalten werden. Dabei dürfen sie nicht eingreifen. Es geht ausschließlich darum, zu beobachten, festzustellen, Berichte zu schreiben und diese Berichte über den Generalsekretär der Vereinten Nationen dem Sicherheitsrat zuzuleiten, der dann über weitere Schritte berät. Insofern unterscheidet sich die Beobachtermission von der Friedensmission. Sie ist Ohr und Auge des Sicherheitsrats, nicht aber die Faust.

Oberstleutnant Dr. Ekkehart Griep, stellv. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (Bild: DGVN)
Ekkehart Griep sieht die Grenzen des MandatsBild: DGVN

"Eine Beobachtermission wird nicht in erster Linie das Mandat bekommen, auszuschwärmen und in jedem Dorf jeden Winkel auszuleuchten", schränkt Ekkehard Griep ein, wenngleich es auch zu den Aufgaben gehöre, sich mit den Leuten zu unterhalten. Die "Eindringtiefe" sei immer auch abhängig von der Größe des Landes und der personellen Ausstattung der Beobachtertruppen: "Im Kosovo zum Beispiel, einem kleinen Land mit großer internationaler Beobachterpräsenz war es leichter, tiefer vorzudringen als in der Demokratischen Republik Kongo." Die Beobachter müssen, so Griep, "diplomatisches Geschick mitbringen, die Fähigkeit, auch in kritischen Situationen kühlen Kopf zu bewahren und sich immer der Grenzen ihres Mandats bewusst sein."

Das Modell der Friedenssicherung hat sich gewandelt

Eine Grenze zwischen Beobachtermissionen und Friedensmissionen zu ziehen, sei mittlerweile schwierig, sagt der ehemalige Mitarbeiter in der Hauptabteilung für Friedensmissionen im UN-Sekretariat in New York. "Modernes Peacekeeping ist anders als klassisches Peacekeeping. Es ist heute multidimensional, mit Komponenten von der Menschenrechtsbeobachtung bis zum Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen, nationaler Polizei, der Beratung der Regierung in humanitären oder Gleichberechtigungsfragen, während es früher eher darum ging, Steithähne zu trennen."

Grundsätzlich sind alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen aufgerufen, sich an Friedensmissionen zu beteiligen. Tatsächlich stellen momentan rund 120 Staaten, also etwa zwei Drittel, Friedenspersonal, von Algerien bis Zimbabwe. Auffällig ist dabei, dass von den rund 120.000 Peacekeepern - knapp 100.000 von ihnen sind uniformiert - die meisten aus Entwicklungs- oder Schwellenländern wie Indien, Pakistan oder Bangladesch kommen. Ein wichtiger Grund hierfür dürfte sein, dass diese truppenstellenden Länder von den UN-Kompensationszahlungen erhalten. Die Finanzierung des Budgets zur Friedenssicherung durch die UN wird zu mehr als einem Viertel durch die USA sichergestellt, rund ein Fünftel steuert Japan bei und ein Zehntel Deutschland.

Indische Polizeifrauen der UN Friedensmission in Liberia (Bild: AP)
Indische Polizeifrauen der UN Friedensmission in LiberiaBild: AP

Erfolg in Liberia, Geduld auf Zypern

Als gelungenes Beispiel für den Einsatz einer Friedensmission führt Ekkehard Griep Liberia in Westafrika an. Dort wachen die Friedenstruppen seit 2003 darüber, dass das Friedensabkommen in die Tat umgesetzt wird. Mit Erfolg, denn inzwischen konnten schon zweimal demokratische Wahlen abgehalten werden. Die Zahl der zivilen und militärischen Peacekeeper wurde im Laufe der Jahre von 15.000 auf 8000 reduziert. Noch kein Erfolg auf diplomatischem Weg hat sich dagegen auf Zypern eingestellt. "Gäbe es hier keine Präsenz der Vereinten Nationen, gäbe es wohl auch keinen Frieden zwischen Nord und Süd." Ähnliches sei auch bei kleineren Beobachtermissionen in Kaschmir oder im Nahen Osten zu beobachten.

An der inner-zyprischen Grenze sind immer noch UN-Friedenstruppen stationiert (Bild: AP)
UN-Friedenstruppen an Zyperns GrenzeBild: dapd

Griep selbst war an verschiedenen Wahlbeobachtermissionen im Kosovo, in der Demokratischen Republik Kongo und in Afghanistan beteiligt. Dass die UN-Beobachter nicht bewaffnet sind, sei ein großer Vorteil. Das erhöhe die Glaubwürdigkeit, und "niemand kann dann einen offensiven, eindringenden Charakter erkennen."