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Aufständische erbeuten Nuklearmaterial

10. Juli 2014

Es ist der Alptraum eines jedes Staates: Terroristen bringen Nuklearmaterial unter ihre Kontrolle. Im Irak ist offenbar genau das jetzt passiert.

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Fässer mit Atomzeichen (Symbolbild: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Aufständische im Irak haben nach Regierungsangaben Nuklearmaterial in ihre Hand bekommen. Die radioaktiven Stoffe würden zu Forschungszwecken an der Universität Mossul im Norden des Landes gelagert, teilte der Irak in einem Brief an die Vereinten Nationen mit. Es handele sich um 40 Kilogramm an Urangemischen. Die Regierung rief die Staatengemeinschaft zur Hilfe auf, "um die Bedrohung abzuwenden, dass das Material von Terroristen im Irak oder anderswo verwendet wird".

Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert aus einem Brief des irakischen UN-Botschafters Mohamed Ali Alhakim: "Terroristengruppen sind an Nuklearmaterial gelangt an Orten, die nicht mehr von der Regierung kontrolliert werden." Dieses Material "kann zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen verwendet werden", schrieb Alhakim an UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon. Es könne auch aus dem Irak herausgeschmuggelt werden. Aus US-Regierungskreisen hieß es hingegen, die Stoffe enthielten wohl kein angereichertes Uran und könnten daher kaum zum Bau von Waffen dienen. Auch die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA) sieht bisher kein erhebliches Sicherheitsrisiko. Auf Grundlage der ersten Berichte gehe man davon aus, dass das Material nur schwach angereichert sei, erklärte eine Sprecherin in Wien.

ISIS bringt C-Waffenlager unter Kontrolle

Der Irak hatte erst vor wenigen Tagen eingeräumt, er habe die Kontrolle über ein Chemiewaffenlager an die sunnitischen Rebellen der Organisation Islamischer Staat verloren. Die Rebellen haben bei ihrem Vormarsch weite Teile des Nordiraks eingenommen, wurden zwischenzeitlich aber wieder aus einigen Gebieten vertrieben. Am 11. Juni sollen die Terroristen in die Muthanna-Anlage, 70 Kilometer nordwestlich von Bagdad, eingedrungen sein. Zuerst hätten sie dem Wachpersonal Waffen und Ausrüstung abgenommen. Dann seien Teile aus der Fabrik abtransportiert worden. Dies habe man per Kameraüberwachung gesehen, bevor das Videosystem abgeschaltet worden sei.

Ein Vertreter der Rechtsstaats-Allianz von Ministerpräsident Nuri al-Maliki sah allerdings keine große Gefahr für die Sicherheit. Alle Chemiewaffen in der Fabrik seien in der Vergangenheit zerstört worden, sagte der Abgeordnete Abbas al-Bajati nach Angaben des Nachrichtenportals "Al-Sumeria". Auch die USA blieben nach den Berichten betont gelassen. Das Material stamme aus den 1980er Jahren und werde in zwei Bunkern gelagert. Enthalten seien "abgebaute chemische Rückstände", hatte Außenamtssprecherin Jen Psaki bereits im Juni erklärt. Intakte Chemiewaffen seien nicht dabei. Diese seien längst von UN-Experten vernichtet worden. Es sei "sehr schwierig, wenn nicht unmöglich", das verbliebene Material zu militärischen Zwecken einzusetzen.

Anschläge mit Cyanid?

Ein namentlich nicht genannter Chemiewaffen-Fachmann aus Deutschland sagte dagegen der Agentur Reuters, allein im Bunker 13 von Muthanna lagerten noch immer Tonnen hochgiftiger Chemikalien wie Cyanid, im Volksmund Zyankali genannt. Das weiße Salz dient als Ausgangsprodukt zur Herstellung des Nervenkampfstoffs Tabun, der beim Kontakt mit der Haut oder beim Einatmen tödlich wirkt. Cyanid lasse sich nicht einfach in großen Mengen verbrennen, es sei deshalb bei der Vernichtung der Kampfstoffe zurückgeblieben. "Die Gefahr, dass so etwas bei Anschlägen mit eingesetzt wird, ist nicht von der Hand zu weisen", so der Experte.

jj/det (dpa, rtr)