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Porträt Fanprojekt Düsseldorf

16. Januar 2012

Bundesligareif ist Fortuna Düsseldorf als Zweitliga-Herbstmeister schon. Und auch die Arbeit des Fanprojektes trägt Früchte – am Standort Düsseldorf kommt es so gut wie gar nicht mehr zu Gewaltausschreitungen.

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Düsseldorfer Fans feiern die Herbstmeisterschft mit Pyrotechnik im Stadion
Bild: picture alliance/augenklick/firo Sportphoto

Gewalt im Stadion – das war einmal in Düsseldorf. Ende der 80er Jahre wurde dort das Fanprojekt gegründet und seither ist es ruhiger geworden in der Fanszene. Denn das Projekt arbeitet gewaltpräventiv, erklärt Mitarbeiter Benjamin Belhadj. Die Zusammenarbeit zwischen Fanprojekt, Verein und Polizei funktioniere sehr gut. "Am Spieltag versuchen wir Konfliktsituationen zwischen Fans uns Polizei aufzulösen, bevor es da zu einem großen Problem kommen kann." Das klappt ziemlich gut. Selbst, als Dynamo Dresden, das für seine gewaltbereiten Fans berüchtigt ist, zuletzt zu Gast war, blieb es ruhig. "Da ist exakt gar nichts passiert. Man muss auch sagen, dass der Standort Düsseldorf ein sehr offener ist. Fans benehmen sich hier, sie kriegen durch den Verein viel erlaubt." Oft beschränken Vereine ihre Fans und verbieten Fahnen oder Trommeln im Stadion - für junge Fans ein großer Teil ihrer Fankultur. "Wenn das verboten wird, ist es klar, dass es zu Reibereien kommen kann." In Düsseldorf gebe es keine Beschränkungen, hier wird auf die Eigenverantwortung gebaut.

Herbstmeister mit Ambitionen

Jubeltanz Fortuna-Spieler über Herbstmeisterschaft
Jubeltanz der Fortuna-Spieler über HerbstmeisterschaftBild: picture alliance/augenklick/firo Sportphoto

Der ehemalige Erstligist Fortuna Düsseldorf spielt nach unruhigen Zeiten, in denen es bis in die Niederungen der Oberliga ging, aktuell um den Aufstieg in die Bundesliga. Als aktueller Herbstmeister zieht die Fortuna wieder die Massen ins Stadion. Es wachse eine neue eine neue Generation heran, hat Fortuna-Fan Paul Tenckhoff beobachtet. "Die Kleineren tragen wieder die Fortuna-Trikots und nicht mehr die Bayern-Trikots." Zudem kommen wieder viele Fans ins Stadion. "Zu Bundesligazeiten waren 30.000 Zuschauer eher die Seltenheit und jetzt haben wir das in der 2. Liga – das ist einfach toll." Paul Tenckhoff ist seit Jahren glühender Fan. Er hat eine Dauerkarte, so wie auch sein Freund Daniele Cioli, für den der Stadionbesuch ein "Pflichttermin" im Kalender ist. "Man trifft da immer die Freunde. Fortuna macht Spaß und deshalb habe ich mich dazu entschieden, Fan zu sein." Die Atmosphäre im Stadion empfinden die Freunde als emotional, aber friedlich. Zur Fortuna gehen sei ein Heimatgefühl, das verbindet, sagt auch Fortuna-Fan Elmar Fischer. "Das ist einfach meine Stadt. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, für einen anderen Verein zu sein, denn – ganz egal, was ich im Fußball denke, ich denke nur an Fortuna."

Sozialarbeit mit Fußballgucken

Portrait Benjamin Belhadj vom Fanprojekt Düsseldorf (Foto: Fanprojekt Düsseldorf / Jugendring Düsseldorf)
Belhadj: "Es würden viele auf der Straße stehen"Bild: Fanprojekt Düsseldorf/Jugendring Düsseldorf

So wie die drei Studenten denken auch viele Jugendliche. Fußball ist ihr Lebensmittelpunkt. Und über den Fußball kommen die Sozialarbeiter des Fanprojektes an die jungen Fans heran, erklärt Belhadj. "Ohne die Arbeit würden viele Jugendliche auf der Straße stehen und unter Umständen in falsche Kreise kommen. Da sehen wir uns als hier eine Art Auffangbecken für diese jungen Leute." Mit drei hauptamtliche Mitarbeitern und drei Honorarkräften arbeitet das Fanprojekt, das durch DFB, Kommune und Land finanziert wird. Träger des Projekts, das 1993 an den Start ging, ist mittlerweile der Düsseldorfer Jugendring. Vorher freute sich die Initiative auch über die Spenden der Düsseldorfer Punkband "Die Toten Hosen", die das Fanprojekt anfinanzierten, bevor es eine einheitliche Finanzierung gab.

Das Fanprojekt bietet Jugendlichen mit dem Fan-Café einen Ort, wo sie zusammen Fußball gucken und darüber sprechen, zusammen spielen und auch Fanchoreographien vorbereiten können. Zusammen mit anderen Gleichaltrigen kann man auch leichter über die typischen Probleme sprechen – Stress in der Schule, Familienstreit oder Arbeitslosigkeit. "Die brauchen einen Platz, wo sie sich auch mal auslassen können", weiß Belhadj. Weil sich Unzufriedenheit auch immer im Stadion wiederspiegele und schnell zu Aggression führe. "Das versuchen wir rauszunehmen. Wenn wir sehen, dass jemand Probleme hat, bieten wir ihm Hilfe an, dass er einen gewissen Denkanstoß, wie es denn in seinem Leben weitergehen könnte." All das in einem rauschmittelfreien Raum, wo weder Alkohol noch Zigaretten für Jugendliche zugelassen sind. Denn feiern kann man am besten gemeinsam und so ziemlich jeder Fortuna-Fan denkt und hofft wie Paul Tenckhoff: "Ich bin einfach glücklich über jedes Spiel im Moment. Der Start zur Rückrunde wird noch einmal entscheidend. Wenn man da gut startet, dann hoffe ich auch, dass wir nächstes Jahr wieder Erstligafußball sehen."

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Wolfgang van Kann