Auf Greeter-Tour
10. August 2012Punkt 14.00 Uhr auf der Mundsburger Brücke im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst. "Mein Name ist Nicole Hoffmann, ich bin 25 Jahre alt und komme aus Kiel. Und ich würde gerne nach Hamburg ziehen und einfach anfangen die Stadt etwas kennenzulernen". Neben ihr steht Sven Wagenbach aus Gießen in Hessen. Er hat gehört, Hamburg ist eine ganz tolle Stadt - und die will er günstig entdecken.
Beide haben unter www.hamburg-greeter.de die Hamburg Greeter und damit Marie-Louise Wegen gefunden. Die 64-jährige Stylistin ist seit kurzem im Ruhestand. Sie wohnt seit 1975 in Hamburg. Bis zu 20 Führungen hat sie bereits durch ihren Stadtteil Uhlenhorst, der östlich der Außenalster liegt, gemacht. "Das ist eine gute Gelegenheit, immer wieder nette, andere Leute kennenzulernen und ihnen meine schöne Stadt zu zeigen".Vom Toilettenhäuschen zum Café
Los geht die Tour direkt am Treffpunkt auf der Mundsburger Brücke: "Das erste, was hier entstanden ist, um eine Verbindung zur Stadt zu machen, ist die Brücke, die damals auch ein bemerkenswertes architektonisches Bauwerk war, weil sie auch heute noch mit fast 60 Metern die breiteste Brücke Hamburgs ist". Marie-Louise Wegen steht vor einem Schaukasten direkt auf der Brücke. Mit dem Bau 1867 entstand quasi der neue Stadtteil. Heute leben in dem wohlhabenden Uhlenhorst knapp 16.000 Menschen.
Von dort laufen die drei durch eine Unterführung direkt zur Alster und bleiben vor einem der beliebtesten Cafés stehen: "Jetzt kommen wir zur Alsterperle, die bis vor 15 Jahren ein öffentliches Toilettenhäuschen war, und ein kluger Gastronom hat dann mit der Hansestadt verhandelt, ob er daraus nicht ein kleines Selbstbedienungsrestaurant machen kann." Nicole und Sven gehen in den Biergarten, um von dort den Ausblick auf die Alster zu genießen.
Inkognito an der Schönen AussichtDirekt dahinter beginnt die Straße "Schöne Aussicht". Prächtige Villenhäuser reihen sich aneinander. Greeterin Wegen zeigt auf ein Klingelschild: "Hier an der Schönen Aussicht sieht man das sehr häufig, dass an den Klingelschildern lediglich die Initialen und nicht die kompletten Namen zu sehen sind. Weil die Leute es nicht so gerne möchten, das jeder, der hier vorbeigeht, weiß, wer hier wohnt".
Nicole und Sven schauen ehrfürchtig zu den hellen Gebäuden mit direktem Alsterblick hinauf, dem Herzstück der Hansestadt: "Das ist schon sehr prunkvoll und gigantisch und alles superschön grün, also ich würde sagen, ein guter Platz, um zu leben", findet Nicole. Sven sieht es genauso: "Ich würde auch sofort einziehen".Von der Frauenbadeanstalt zum Tanzlokal
Nach ein paar Metern Fußweg taucht auf der linken Seite der riesige Feenteich auf, um ihn herum stehen weitere Villen. Dann, auf der rechten Seite, erhebt sich eine prächtige blaue Kuppel in den Himmel: Die iranisch-schiitische Imam Ali Moschee aus dem Jahr 1969. In ihr liegt einer der größten handgeknüpften Teppiche der Welt. 22 Knüpfer haben drei Jahre lang an den etwa 80 Millionen Knoten gearbeitet.
Schräg gegenüber der Moschee tollen Hunde umher. "Schade", findet das Greeterin Wegen, denn in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stand hier das Uhlenhorster Fährhaus, eine Institution. Hier wurde gegessen, getanzt und gefeiert: "Das war dann so beliebt in den 20er und 30er Jahren, dass auch die Hamburger mit allen Booten, hier angefahren kamen und wenn sie in dem stark besetzten Café keinen Platz fanden, blieben sie in ihren Booten sitzen, um wenigstens die Musik zu hören".
Im Zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil des Lokals zerstört und nicht wieder aufgebaut. Damit sich die beiden Touristen das Spektakel besser vorstellen können, hat die Greeterin ein Foto von damals mitgebracht.
Von kleinen Gassen und Hausbooten
Von der Alster weg führt Marie-Louise Wegen die beiden jungen Touristen in die Seitenstraßen und erzählt so manche Kuriosität. So darf eine Straße morgens nur stadteinwärts und abends nur stadtauswärts befahren werden: "Ein einmaliger Vorgang in Europa". Von dem Hofweg, einer größeren benachbarten Straße führt eine kleine Gasse mitten ins Grüne. Nicole findet das richtig idyllisch.Während die kleine Gruppe zur Mundsburger Brücke zurückschlendert, erzählt die Greeterin Details zu einzelnen Häusern. Nach einer Viertelstunde Fußweg erreichen die drei den letzten Punkt des Greets, Hausboote, die am Elbekkanal liegen. Sven kann sich gut vorstellen, in so einem zu leben, wenn er das Geld hätte.
Nach gut drei Stunden sind Nicole aus Kiel und Sven aus Gießen begeistert von den vielen neuen Eindrücken, die sie hier gewonnen haben, weit weg von Hamburgs sonstigen Touristenpfaden: "Das war sehr lehrreich. Man bekommt hier einfach Insiderinformationen, die man sonst nie erfahren hätte".