1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Europäische Identität

3. Mai 2009

In dem Projekt Europeans For Peace kommen Jugendliche aus vielen europäischen Staaten zusammen, um gemeinsam die Nachkriegsgeschichte des Kontinents zu erarbeiten und nach ihrer gemeinsamen Identität zu suchen.

https://p.dw.com/p/Hh2d
Europeans For Peace (Foto: Jan Zappner)
Grübeln über der Projektarbeit: Jugendliche aus Europa forschen zur GeschichteBild: Jan Zappner

Der Blick von der Terasse eines alten Landhauses geht hinunter zwischen hohen Bäumen bis zum Ufer des Berliner Wannsees. Anja aus der Ukraine und Erik aus Deutschland, beide 15 Jahre alt, sitzen dort zusammen an einem Gartentisch. Sie sind Teilnehmer in einem Vorbereitungsseminar für das Jugendprojekt Europeans for Peace. Gemeinsam erarbeiten die Mädchen und Jungen die europäische Nachkriegs-Geschichte. Sie werten historische Zeitungen, Filme und Musik aus und entwerfen dazu Internetseiten, Bücher, Plakate und eigene Filme. Anja und Erik wollen die Werke systemkritischer Musiker aus den ehemaligen Ostblock-Staaten miteinander vergleichen.

"Dieses Projekt ist über deutsche, polnische und ukrainische Musiker", erklärt Anja in grammatikalisch einwandfreiem Deutsch. Das Mädchen lernt an ihrer Schule in der Ukraine seit mehreren Jahren Deutsch und wollte daher bei dem internationalen Projekt mitwirken. "Jan Kaczmarek in Polen, Wladimir Wyssozki in der UdSSR und Wolf Biermann in der DDR haben ja sehr kritisch gegenüber ihrem System geschrieben", sagt Erik. "Das wollen wir jetzt ein bisschen vergleichen, auch ein paar Parallelen ziehen und zu jedem eine kleine Biografie erstellen."

"Grenzüberschreitender Dialog"

Europeans For Peace (Foto: Jan Zappner)
Interkultureller Dialog über die GeschichteBild: Jan Zappner

Finanziert wird das Projekt Europeans for Peace und die Treffen der Jugendlichen von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Sie unterstützt dauerhaft internationale Projekte zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Ländern, die unter dem Nationalsozialismus besonders gelitten haben. Dazu stehen jedes Jahr acht Millionen Euro aus den Erträgen des Stiftungskapitals zur Verfügung.

"Das Projekt wurde aus Anlass des 60. Jahrestages des Kriegsendes im Jahr 2005 initiiert", sagt Programmreferentin Juliane Tomann. Seitdem seien mehr als 280 Projekte vor dem Hintergrund gefördert worden, dass sich Jugendliche mit der europäischen Kriegs- und Nachkriegsgeschichte auseinandersetzen. "Aber nicht nur in ihren einzelnen Schulklassen oder Vereinen, sondern eben grenzüberschreitend mit anderen."

Zeitzeugen des NS-Regimes

Nach dem ersten Treffen in Berlin arbeiten die Jugendlichen in den verschiedenen Ländern getrennt weiter an ihren Projekten und stimmen sich über das Internet oder Telefon miteinander ab. Bei zwei weiteren Treffen sollen dann die Arbeiten fertig gestellt werden.

Europeans For Peace (Foto: Jan Zappner)
Gruppenarbeit: Die Verständigung läuft in Deutsch oder EnglischBild: Jan Zappner

Der 22-jährige Bartocz will zusammen mit seinem gemeinnützigen Verein aus Polen und einer deutschen Berufsschule Zeitzeugen aus der NS-Zeit interviewen und dazu ein Buch erstellen. Auch er spricht sehr gut Deutsch: "Wir wollen zwei wichtige Gäste einladen, und zwar die Tochter von dem Leiter des Warschauer Ghettos und den Sohn von Hans Frank. Der war in Krakau der Generalgouverneur zurzeit des Dritten Reichs."

Jana und Liliya aus dem sibirischen Tomsk arbeiten an einem Vergleich von sowjetischen und deutschen Zeitungen. Zusammen mit Schülern aus Stuttgart wollen sie in beiden Städten historische Archive durchforsten, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der gleichgeschalteten Presse herauszustellen. Sie wollen herausfinden, "welche Vorstellungen verschiedene Länder von einander durch die Medien haben. Und wie Jugendliche sich gegenseitig in deutschen und sowjetischen Massenmedien gesehen haben".

Ein Jahr lang haben die Jugendlichen nun Zeit, um ihre Ideen zu verwirklichen und sich dabei auch gegenseitig besser kennen zu lernen.

Autor: Zacharias Zacharakis
Redaktion. Christian Walz