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Juryvorsitz in Cannes 2014: Jane Campion

Jochen Kürten12. Mai 2014

Sie ist die erste Regisseurin, die der Jury vorsteht: die neuseeländische Filmemacherin Jane Campion. 1993 feierte sie mit ihrem Film "The Piano" einen Welterfolg. Nun muss sie selbst über Goldene Palmen entscheiden.

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Jane Campion 2009 (Foto: ap)
Bild: AP

Cannes-Erfahrung hat sie reichlich: Mit einem ihrer ersten Kurzfilme gewann sie beim wichtigsten Filmfestival der Welt bereits eine Goldene Palme. Ihr Spielfilmdebüt durfte sie in Cannes zeigen, es folgte 1993 die Palme für "The Piano". Auch 2009 wurde sie zum Wettbewerb an der Croisette eingeladen und präsentierte ihren Film "Bright Star". Im vergangenen Jahr konnte sie sich schon einmal auf 2014 vorbereiten - Jane Campion war 2013 Vorsitzende der Kurzfilmjury in Cannes.

Einzige Regisseurin mit Goldener Palme

Nun wird sie, gemeinsam mit Mitstreitern wie der Kollegin Sofia Coppola oder dem Schauspieler Willem Dafoe, entscheiden, wer am 24. Mai den wichtigsten Festivalpreis der internationalen Kinoszene bekommt. Campion selbst ist nach wie vor die einzige Frau, die die Auszeichnung je erhalten hat. Und vielleicht ist ihre Nominierung auch als eine Art Wiedergutmachung der Veranstalter zu verstehen.

Vor zwei Jahren hatte es von allen Seiten harsche Kritik gegeben, als ausschließlich Regisseure für das Wettbewerbsprogramm ausgewählt wurden, aber keine einzige Frau. In diesem Jahr haben es immerhin zwei Regisseurinnen geschafft, die Jury ist in der Mehrheit weiblich und mit der Neuseeländerin steht ihr eine Frau vor. Eine gute Besetzung also, gilt Jane Campion doch als herausragende Vertreterin ihres Fachs.

Filmstill mit Holly Hunter aus The Piano (Foto: Picture allaince kpa)
Stille Klavierspielerin: die Schauspielerin Holly Hunter in dem Welterfolg "The Piano"Bild: picture alliance/kpa

Welterfolg mit "The Piano"

"The Piano" eroberte vor gut 20 Jahren die Kinos der Welt, sammelte Preise ein und wurde zu einem überragenden Publikumserfolg. Die Geschichte der jungen, stummen Klavierspielerin aus Schottland, die Mitte des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit ihrer neunjährigen Tochter nach Neuseeland verschifft wird um dort zwangsverheiratet zu werden, war ein ergreifender Film, der mitten ins Herz des internationalen Publikums traf. Jane Campion aus dem fernen Neuseeland war plötzlich überall ein Begriff, ihr Film gewann zudem mehrere Oscars.

Dabei hatte die 1954 in Wellington geborene Regisseurin in Cineastenkreisen schon zuvor einen guten Ruf. Ihr Langfilmdebüt "Sweetie" war eine schrille Farce um zwei Schwestern, die das häusliche Familienleben auf die Probe stellen. Der Film, der im australischen Arbeitermilieu angesiedelt ist, zeigte erstmals das große Talent der Regisseurin: Frauenfiguren zu zeigen, die, psychologisch differenziert dargestellt, mit ihrer Umwelt aneinandergeraten.

Filmszene aus Ein Engel an meiner Tafel An Angel at my Table mit Alexia Keogh (Foto: pa dpa)
Alexia Keogh als junge Janet Frame in "Ein Engel an meiner Tafel"Bild: picture-alliance/dpa

Erschütterndes Schicksal

Das folgende Werk, eine Verfilmung der Erlebnisse der Schriftstellerin Janet Frame, "Ein Engel an meiner Tafel", passte wiederum in dieses Bild. Frame war in Neuseeland jahrelang als schizophren diagnostiziert und zwangsweise mit Elektroschocks behandelt worden. Ein schrecklicher Irrtum. Frame verhalf unter anderem das Schreiben aus dieser verhängnisvollen Spirale aus Medizin und Gewalt. Sie wurde zu einer anerkannten Autorin. Auch diese Geschichte bannte Campion eindrucksvoll auf Zelluloid.

Als die Regisseurin dann mit "The Piano" einen fulminanten Welterfolg feierte, war die Messlatte des Ruhms so hoch gelegt, dass sich die Regisseurin zwangsläufig mit den Ansprüchen der erwartungsvollen Filmwelt schwer tun musste. Mit ihren folgenden Filmen konnte Campion nicht mehr an ihren Welterfolg anknüpfen. Erst 2009 wurde sie für ihre wunderbare Schriftstellerbiografie "The Bright Star" wieder gefeiert. Erneut siedelte die Regisseurin ihre Geschichte im 19. Jahrhundert an. Wieder erzählte sie von einer unglücklichen Frau, die an gesellschaftlichen Konventionen und Rollenerwartungen zu ersticken drohte.

Filmstill Portrait Of A Lady von Regisseurin Jane Campion mit Nicole Kidman
Nach "The Piano" hatte Jane Campion mit der Henry-James-Verfilmung "Portrait of a Lady" (1996) weniger GlückBild: picture alliance

Filmische Landschaften

Doch es waren nicht nur die überzeugenden Frauenfiguren, mit denen sich Jane Campion, die ihre Ausbildung zur Filmemacherin in Australien erhielt, einen Namen machte. Es waren stets auch die in den Filmen gezeigten Landschaften, die ihre Arbeiten so unverwechselbar machten. Die Kritikerin Verena Lueken drückte das anlässlich Campions 60. Geburtstages (30.04.2014) so aus: "Die Landschaften sind nicht nur Setting, sondern Teil dieser besonderen Atmosphäre in ihren Filmen, die zwischen Wirklichkeit, Projektion, Sehnsüchten und mystischen Verweisen kaum einen Unterschied machen." In diesem immens visuell-sinnlichen Filmemachen sei Jane Campion unverwechselbar, so Lueken von der "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Jane Campions Gespür dafür, ein Filmteam zu führen und so zu lenken, dass am Ende ein Kunstwerk entsteht, dürften ihr auch beim kommenden Job zugute kommen. Zehn Tage muss sie nun die Mitglieder der Jury in Cannes lenken und die einzelnen, ganz unterschiedlichen Charaktere aus allen Teilen der Kino-Welt so führen, dass am Ende ein würdiger Gewinner der Goldenen Palme 2014 benannt wird.

Regisseurin Jane Campion bei der Premiere des Films Bright star mit Teammitgliedern (Foto: Mike Flokis Getty Images)
Jane Campion bei der "Bright Star"-Premiere in Australien, zusammen mit TeammitgliedernBild: Getty Images