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Auch Kureia scheitert an Arafat

Peter Philipp13. Oktober 2003

Die Palästinenserregierung steckt in einer tiefen Krise. Der neue Ministerpräsident Kureia wird sein Amt nach Ende des Ausnahmezustands wohl nicht weiter behalten: Präsident Arafat will keine Macht abgeben.

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Zuversichtlich beim Amtsantritt im September 2003: Ahmed KureiaBild: AP

Der neue palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia wird der Regierung voraussichtlich nicht über das Ende des Ausnahmezustandes hinaus vorstehen. Wenn der 30-tägige Notstand, den Palästinenserpräsident Jassir Arafat am 5. Oktober 2003 ausgerufen hatte, ausläuft, "wird es eine neue Regierung und einen neuen Ministerpräsidenten geben", sagte Kureia am Sonntag (12.10.2003). Er vermied jedoch eindeutige Erklärungen, ob er zur Bildung einer neuen Regierung bereit sei, sollte ihm Arafat noch einmal den Auftrag dazu erteilen. Zuvor war es Kureia und Arafat in fast dreitägigen Dauerverhandlungen nicht gelungen, ihren Streit über die Bildung der neuen Palästinenserregierung beizulegen.

Alles weitere steht in den Sternen

Der Verschleiß von Regierungschefs in den palästinensischen Autonomiegebieten beschleunigt sich: Mahmud Abbas hatte es immerhin noch vier Monate ausgehalten, sein Nachfolger Kureia will nicht länger als einen Monat im Amt bleiben. Was dann kommt, steht vorläufig in den Sternen. Außer, dass PLO-Chef und Autonomiepräsident Arafat auch dann noch die Fäden ziehen wird, wenn "Abu Ala" - wie Kureia seit den Tagen des Untergrundes heißt - sich zurückgezogen haben wird.

Zu der jüngsten Krise unter den Palästinensern trug derselbe Streit bei, der bereits Abbas hatte aufgeben lassen: Arafat mischte sich bei der Regierungsbildung ein und - der wichtigste Punkt - verhinderte, dass diese Regierung mit mehr Vollmachten und größerer Kontrolle der Sicherheitsdienste ausgestattet wurde. Kein Regierungschef der Welt kann regieren, wenn er nicht auch die Macht über die Exekutive hat, erst recht nicht in einem so komplizierten Gebiet wie dem der Palästinenser. Aber so lange Arafat sich an die Macht klammert, die ihm eigentlich längst entglitten ist, so lange wird es wohl keine Aussichten auf eine vernünftige Regelung geben.

Feindschaft zwischen Scharon und Arafat

Die Macht ist Arafat entglitten, weil er der "Intifada" – dem palästinensischen Widerstand gegen Israel - freien Lauf gelassen und in der Folge Israel fast die gesamte Grundlage dieser palästinensischen Autonomie zerschlagen hat. Die Feindschaft zwischen Israels Ministerpräsident Ariel Scharon und Arafat ist zu groß, als dass man sich vorstellen könnte, dass sie eines Tages überbrückt werden könnte. Deswegen hatte das "Nahost-Quartett" von USA, UNO, EU und Russland Arafat dazu gedrängt, einen Regierungschef zu ernennen, der künftig mit Israel verhandeln würde. Indem Arafat dies vereitelt, tut er sich selbst auch keinen Gefallen, denn dies wird ihn nicht wieder "salonfähig" machen.

Im Gegenteil: Inzwischen stehen selbst die palästinensischen Parlamentarier - immerhin noch am Anfang jeder demokratischen Erfahrung – ihm mehr als skeptisch gegenüber. Und hier liegt der zweite Grund für das bisherige Scheitern von Kureia: Die Parlamentarier waren nicht bereit, widerspruchslos die achtköpfige Notstandsregierung abzusegnen, die Arafat ihnen für zunächst einen Monat vorgesetzt hatte. Und sie fragten, ob und wie nach diesem Monat eine normale Regierung zustande kommen werde. Arafat blieb bisher jede Auskunft schuldig. "Abu Ala" jedenfalls erklärte, bis zum Ende des Monats werde er weiter arbeiten, was dann komme, wisse er nicht. Nur: Er werde dann nicht mehr im Amt sein.

Anderen und sich das Leben schwer machen

Unterdessen trafen sich linksliberale Israelis mit Vertretern der Palästinenserorganisation PLO (Palestine Liberation Organization) in Jordanien und einigten sich auf ein Programm, wie man aus der Misere herauskommen könnte. Dieses Programm, das im November 2003 Thema einer internationalen Konferenz in Genf werden soll, ist sicher ein Lichtblick. Dennoch: Die Teilnehmer des Treffens sind nicht die Entscheidungsträger. Die aber sind weiterhin mit anderem beschäftigt: Den anderen Rivalen und sich selbst das Leben schwer zu machen.