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Auch Kirchen profitieren vom Stiftungsboom

Elena Griepentrog4. Januar 2006

Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland einen regelrechten Stiftungsboom - trotz der wenig rosigen Wirtschaftslage. Vom Engagement der neuen Stifter profitieren auch die finanziell angeschlagenen Kirchen.

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Feldsteinkirche in Brandenburg
Hans Küng
Der Theologe und Präsident der Stiftung Weltethos, Hans KüngBild: dpa

Rund 15.000 Stiftungen bürgerlichen Rechts gibt es in Deutschland und über 100.000 kirchliche Stiftungen, die ältesten davon sind eintausend Jahre alt. Beeindruckende Zahlen. Und jedes Jahr kommen neue hinzu. Rupert Graf Strachwitz von der Berliner Humboldt Universität beobachtet wissenschaftlich die Bedeutung der Stiftungen für die Gesellschaft. Dabei hat er auch schon manch spontane Stiftungsgründungen erlebt. Wie im Fall des erfolgreichen Unternehmers, der im Radio den Theologen Hans Küng über das Weltethos sprechen hörte. "Da hat er spontan gesagt, das ist etwas Wichtiges, dafür will ich was tun." Entstanden aus dieser Begeisterung ist die Stiftung Weltethos. Der bekannte Theologe Hans Küng kann sich seitdem ganz auf seine Arbeit, den Dialog der Weltreligionen, konzentrieren.

Das Prinzip der Stiftungen ist einfach. Der Stifter stellt einen Teil seines Vermögens zur Verfügung, dieses selbst wird nicht angerührt, sondern Gewinn bringend angelegt. Der Ertrag hieraus kommt einem bestimmten Zweck zu Gute: kranken Kindern, begabten Musikern oder einer Schule. So wie das Canisius-Kolleg in Berlin-Tiergarten, ein renommiertes Gymnasium des Jesuiten-Ordens, bekannt für ein hohes Niveau, liberale religiöse Erziehung und ein großes soziales Engagement der Schüler und Lehrer.

Fördermaßnahmen und Kirchenerhaltung

In den letzten Jahren musste die Schule Zuschusskürzungen durch das Erzbistum und das Land Berlin hinnehmen. Eine Schulstiftung soll für Ausgleich sorgen. Nur so könnten besondere Dinge an der Schule weiterhin gepflegt werden, wie Schulleiter Klaus Mertes sagt: "Wie zum Beispiel eine für alle Schüler zugängliche Bibliothek. Wie zum Beispiel großzügige Stipendien. Wie zum Beispiel Fördermaßnahmen, also Teilungsunterricht, spezielle Förderstunden und vieles Andere, was eben zur Zeit einfach gefährdet ist durch die starken Kürzungen, mit denen wir konfrontiert sind."

Nicht nur die Orden, auch die Kirchen selbst nutzen seit jeher die Vorteile von Stiftungen. Früher stiftete zum Beispiel ein Gemeindeschäfchen seinen Obstgarten, um dem jeweiligen Dorfpfarrer das Auskommen zu sichern - und wohl auch in der Hoffnung, im Himmel reichlich entlohnt zu werden. Heute drücken andere Probleme in der Kirche, etwa die immer mehr fehlenden Kirchensteuern. Nicht wenige Gemeinden können ihre Kirche schon nicht mehr unterhalten.

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat 1998 die Stiftung Kirchenbau gegründet, um Gotteshäuser vor dem Verfall zu retten. Für den Vorstandsvorsitzenden Friedrich-Leopold Freiherr von Stechow ist die Kirchenerhaltung beinahe Mission: "Wenn Sie eine kleine Barockkirche haben oder in Brandenburg eine Feldsteinkirche und sie zerfällt vor sich hin, dann finde ich es von der Optik her, und von der Geschichte des Landes und Ortes her schon sehr traurig, wenn das weg geht. Aber das eigentliche Ziel sollte es doch sein, Menschen wieder in die Kirche zu bekommen."

Unterstützt wird ein Vorhaben - nicht die Kirche

Eine gepflegte, ansprechende Kirche, vielleicht noch kunsthistorisch bedeutsam, mache neugierig. Auch Nicht-Christen würden so vielleicht zum ersten Mal eine Kirche von innen sehen, gerade im Osten Deutschlands. In den letzten Jahren hat die Stiftung Kirchenbau in Zusammenarbeit mit Fördervereinen und anderen Stiftungen schon 130 Gotteshäuser gerettet.

Rupert Graf Strachwitz
Stiftungsforscher Rupert Graf StrachwitzBild: dpa

Auffällig an den neuen christlichen Stiftungen: Die meisten werden für ein bestimmtes Vorhaben gegründet, nicht für die Kirche als Ganzes. Rupert Graf Strachwitz: "Wenn ich eine Stiftung, auch für einen christlichen Zweck, gründe, dann mache ich das in der Regel auch als Stiftung bürgerlichen Rechts, also nicht etwa als kirchliche Stiftung, und dann bin ich autonom. Wenn ich dagegen der Kirche unmittelbar etwas zukommen lasse, dann überantworte ich das ja sozusagen auch der kirchlichen Verwaltung. Und das ist vielen Leuten gar nicht so recht."

Ohnehin seien die Erträge der Stiftungen nicht so erheblich, dass sie den riesigen Wirtschaftsunternehmen, die die Kirchen heute sind, wirklich unter die Arme greifen könnten. So sind Stiftungen zwar kein wirklicher Hoffnungsschimmer für die Institution Kirche. Zur Förderung christlicher Ziele aber sind sie durchaus bedeutend.