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Außenpolitischer Kurswechsel in Manila?

Thomas Latschan8. Juni 2016

Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte macht nicht nur martialische Ankündigungen zur Verbrechensbekämpfung. Er will auch eine "unabhängigere Außenpolitik" verfolgen. Droht nun ein Bruch mit den USA?

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Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte (Foto:ap)
Bild: picture-alliance/AP Photo/B. Marquez

Rodrigo Duterte geriert sich gern als starker Mann. Diplomatische Töne sind dagegen eher nicht seine Sache. Er verspricht einen "blutigen Krieg" gegen die Kriminalität und setzt Kopfgelder für die Ermordung von Drogenbossen aus. Er flucht viel, beleidigt Kirchenvertreter und spricht abfällig über das Parlament. Als sich die Botschafter der USA und Australiens während seines Wahlkampfes darüber empörten, dass er Witze über eine Vergewaltigung mit Todesfolge machte, forderte Duterte sie einfach auf, "ihr Maul zu halten". Ansonsten, so drohte er, würde er die diplomatischen Beziehungen zu beiden Ländern einfach abbrechen.

Mittlerweile ruderte Duterte zwar wieder zurück und bezeichnete die Drohung als "hypothetisch". Dennoch sorgt der neue mächtige Mann in Manila in Washington für so manches Stirnrunzeln. Denn von der engen militärisch-strategischen Kooperation der Philippinen mit den USA hat Duterte sich bereits ein Stück weit losgesagt. Er kündigte an, demnächst eine "unabhängigere" Außenpolitik zu verfolgen als sein Vorgänger Benigno Aquino III. und sich künftig stärker China zuzuwenden. Verliert Washington also einen wichtigen Partner in der Region?

Wiederkehrendes Auf und Ab

"Die Philippinen stehen den USA in der Außenpolitik traditionell nahe", erklärt Jasmin Lorch vom Hamburger GIGA-Institut für Asien-Studien. "Seit das Land 1946 unabhängig wurde, gab es eine Reihe von Verträgen und Verteidigungsbündnissen. Insbesondere im militärisch-strategischen Bereich sind die Verbindungen zwischen den USA und den Philippinen schon immer sehr stark." Doch seit Ende der Marcos-Diktatur 1986 waren die Beziehungen von einem ständigen Auf und Ab geprägt. Unter Dutertes Vorgänger, Benigno Aquino III., hatte sich Manila Washington wieder deutlich angenähert. Bezeichnend dafür war der Abschluss eines neuen gemeinsamen Verteidigungsbündnisses im Jahr 2014, das unter anderem US-amerikanischen Streitkräften die Mitbenutzung philippinischer Militärbasen erlaubt. Zudem haben die Philippinen und die USA in jüngerer Zeit auch gemeinsame Militärmanöver mit Vietnam und Japan abgehalten - alles vor dem Hintergrund chinesischer Expansionsbestrebungen im Südchinesischen Meer.

USA Philippinen Militärmanöver Balikatan 2015 (Foto:Reuters)
Noch im Frühjahr 2015 führten die USA und die Philippinen ein gemeinsames Militärmanöver durchBild: Reuters/E. De Castro

Gegen eben diese Expansionsbestrebungen zogen die Philippinen unter Präsident Aquino sogar vor Gericht. Vor dem Ständigen Schiedshof in Den Haag verklagten sie die Volksrepublik China wegen ihrer Ansicht nach illegaler Gebietsansprüche - ein Schritt, "der im In- und Ausland unabhängig vom Ausgang des Verfahrens durchaus als Coup gewertet wird", so Benedikt Seemann, Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Manila. Duterte jedoch hatte bereits im Wahlkampf signalisiert, dass er wieder zu bilateralen Verhandlungen mit China zurückkehren und Peking dabei auch ein Stück weit entgegenkommen wolle. Auch die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Entwicklung soll intensiviert werden. Duterte hofft vor allem auf chinesische Investitionen in die rückständige Infrastruktur. Dafür kündigte er auch an, die bislang sehr strikten Regeln für ausländische Investoren lockern zu wollen. "Das wäre möglicherweise ein Signal für einen Investitionsboom auf den Philippinen, der dem Land durchaus sehr gut tun würde", so Seemann. Denn trotz eines seit Jahren anhaltenden Wirtschaftswachstums haben die Philippinen es bislang nicht geschafft, die weitverbreitete Armut und die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Widersprüche und wechselnde Ausrichtungen

Eine vollkommene Abkehr von der außenpolitischen Kooperation mit den USA sieht Seemann jedoch nicht. "Duterte kommt eher den Kritikern ein Stück weit entgegen, die die Wiederannäherung an die USA unter Aquino skeptisch gesehen haben." Gerade im Territorialstreit mit China um das Südchinesische Meer habe sich der neue philippinische Präsident zudem in jüngerer Zeit häufiger widersprochen: "Einmal sagt er, er will bilateral verhandeln, dann will er die Streitigkeiten doch multilateral lösen. Dann kokettiert er damit, dass er mit dem Jetski auf die Atolle fahren und selbst die philippinische Fahne in den Boden rammen will. Dann wiederum sagt er: Wir werden uns mit den Chinesen nicht streiten, sondern pragmatisch einigen." Unter diesen Umständen sei schwer vorherzusagen, welchen Kurs der neue Präsident nun tatsächlich einschlagen wird.

Das Fiery Cross Reef im Südchinesischen Meer (Foto:Jiji Press)
Landet Rodrigo Duterte bald mit dem Jetski auf dieser Insel?Bild: picture-alliance/dpa

"Duterte ist nun einmal ein Populist", erklärt Jasmin Lorch den neuen philippinischen Pendelkurs. "Und da liegt das auch ein Stück weit in der Natur der Sache. Zum einen lassen sich Wahlen dadurch gewinnen, dass man verspricht, die Abhängigkeit von den USA zu lockern. Aber auf der anderen Seite herrscht in der philippinischen Bevölkerung eine große Abneigung dagegen, philippinisches Territorium an China abzugeben." Denn im Territorialstreit gehe es nicht nur um ein paar unbewohnte Atolle: "Es geht um Fragen der Freiheit des Schifffahrtsverkehrs, um Fischereirechte, um die Wahrung der philippinischen Küstenlinie. Und das ist schon sehr mit nationalistischen Sentiments belegt." Vor diesem Hintergrund sei nicht damit zu rechnen, dass Manila die sicherheitspolitischen Absprachen mit den USA einfach über Bord werfen wird. Jasmin Lorch rechnet jedoch damit, "dass die philippinische Außenpolitik weniger berechenbar wird, kurzfristiger und erratischer. Denn Duterte wird sein Fähnchen häufig nach dem Wind richten, je nachdem, mit welcher Politik er glaubt, bei der Bevölkerung am besten punkten zu können."