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Vorkämpfer für Abrüstung

Peter Philipp26. März 2009

Die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) bekommt einen neuen Generaldirektor. Nach zwölf Jahren scheidet Mohamed el-Baradei aus dem Amt. Der Ägypter lag häufig mit der amerikanischen Bush-Regierung im Clinch.

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IAEA-Chef Mohamed el-Baradei (Foto: dpa)
Nach drei Amtszeiten scheidet IAEA-Chef el-Baradei aus dem AmtBild: picture-alliance / dpa

Wenn sich jemand in den dramatischen Monaten vor dem Irak-Krieg 2003 unermüdlich gegen diesen Waffengang eingesetzt und versucht hat, die von Washington vorgebrachten Kriegsgründe zu zerpflücken, dann war es Mohamed el-Baradei, der Generaldirektor der in Wien ansässigen UN-Atomenergiebehörde IAEA. Zusammen mit seinem Vorgänger, dem Schweden Hans Blix, beteuerte er immer wieder, dass die Inspektoren seiner Agentur keinerlei Beweise für ein irakisches Atomwaffenprogramm gefunden hätten. Präsident Bush ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken und bestand auf dem Einmarsch. Der Rest ist bekannt. Unter anderem, dass die Amerikaner auch trotz gründlichster Suche weder atomare noch chemische oder biologische Waffen im Zweistromland fanden.

Die UN-Atomenergiebehörde und ihr Chef, Mohamed el-Baradei, haben für ihre Arbeit 2005 den Friedennobelpreis erhalten (Foto: AP)
Die IAEA der Vereinten Nationen hat ihren Hauptsitz in WienBild: AP

Auch im Iran-Konflikt nicht gefällig

Die unbeirrte und aufrechte Haltung des IAEA-Generaldirektors brachte diesem und seiner Organisation im Jahr 2005 den Friedensnobelpreis ein. George W. Bush aber konnte und wollte sich nicht mit dem Mann an der Donau anfreunden. Denn dieser hatte sich nicht nur beim Irak gegen Bush gestellt, auch im Fall des Iran wollte er nicht gefällig sein und die These der USA und Israels bestätigen: Dass Teheran ein Atomwaffen-Programm betreibe.

Stattdessen plädiert er für eine Neufassung des Nichtverbreitungs-Abkommens. Dies sei umso wichtiger, als die Welt wegen wachsender Energiekosten und des Umweltschutzes immer mehr auf Atomreaktoren angewiesen sei und sichergestellt werden müsse, dass diese wirklich nur friedlichen Zwecken diene: "Es wird sicher großen Bedarf an Brennstoff zum Betreiben dieser Reaktoren geben. Meiner Meinung nach ist es ein geeigneter Zeitpunkt, das ganze Nichtverbreitungs-Regime zu überprüfen, das wir 1970 eingeführt haben, mit dem Ziel, eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen", erklärte der Ägypter, der sich mit solchen Vorschlägen bei der bisherigen US-Regierung kaum Freunde hatte machen können. Die ging in ihrer Ablehnung des Juristen an der Spitze der IAEA sogar so weit, el-Baradei abzuhören, weil man seiner Frau unterstellte, sie sei eigentlich Iranerin. Das erkläre, warum der IAEA-Chef nicht in den von Washington orchestrierten Chor gegen den Iran einstimmte - so die logische Folgerung Washingtons.

Erst unter Barack Obama könnte sich das Verhältnis Washingtons zu el-Baradei entspannen, denn auch Washington spricht jetzt von weiterer Abrüstung und könnte deswegen Gemeinsamkeiten mit dem IAEA-Chef finden. Allerdings hat dieser längst beschlossen, das Amt aufzugeben und sich zur Ruhe zu setzen, nicht jedoch, ohne vorher noch mal die Marschirchtung vorzugeben: "Woran wir gleichzeitig arbeiten müssen, ist atomare Abrüstung, Kontrolle, der physische Schutz nuklearen Materials und multinationale Zusicherung für Versorgung", so el-Baradei wörtlich.

IAEA: Schwerfälliger Apparat und politische Einflussnahme

Mohamed el-Baradei denkt und handelt dabei nach den Richtlinien, die die Atomenergie-Behörde einst ins Leben rief: 1957 hatte der damalige US-Präsident Dwight D. Eisenhower die Doktrin des "Atoms für den Frieden“ verkündet, nach der die damaligen Atommächte ihre nuklearen Waffen schrittweise abschaffen. Dem Rest der Welt sollte aber Zugang zur friedlichen Nutzung des Atoms ermöglichen werden. Die daraufhin gegründete IAEA ist deswegen auch nicht in erster Linie mit der Kontrolle von Atomwaffen beschäftigt, sondern mit Projekten der Atomforschung im zivilen Bereich – von der Medizin bis hin zur Landwirtschaft.

Das Atomsymbol vor der iranische Flagge (Foto: AP)
El-Baradei hält iranischen Bau der Atombombe für ZukunftsmusikBild: AP

Die Organisation ist allerdings auch zu einem schwerfälligen Apparat geworden, denn Beschlüsse werden vom Gouverneursrat getroffen, der wiederum auf politische Weisung der jeweiligen Heimatregierung handelt. Und nicht nur einmal mussten el-Baradei und seine Experten erfahren, dass diese Beschlüsse wenig zu tun hatten mit der Realität, sondern politisches Kalkül widerspiegelten. El-Baradei musste sogar schon mit dem Rücktritt drohen, wenn der politische Einfluss zu stark wurde.

Der Irak war und der Iran sind Beispiele dafür: So wie el-Baradei den Irakkrieg nicht verhindern konnte, so konnte er die amerikanischen und israelischen Vorwürfe gegenüber Teheran bisher weder beweisen noch widerlegen. Er ist jedoch der Meinung, dass der Iran noch weit von der Atombombe entfernt sei. Resoluter ist er, wenn es um die Notwendigkeut von Abrüstung geht: Es gebe jetzt neun Atommächte und das seien eindeutig "neun zuviel".