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Nicht nachlassen

Christoph Hasselbach15. März 2012

Der Leiter der Griechenland-Task-Force, Horst Reichenbach, stellt in Athen seinen zweiten Bericht vor. Er sieht deutliche Fortschritte, aber auch noch erschreckende Mängel.

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Horst Reichenbach, Chef der Griechenland-Task-Force (Foto: reuters)
Horst Reichenbach, Chef der Griechenland-Task-ForceBild: Reuters

Horst Reichenbach ist der Inbegriff des Kommissionsbeamten: sachlich, professionell, eher medienscheu. Aus seinem Mund kommt kein unbedachtes Wort. Er lässt sich nie provozieren. Diese Eigenschaften kann er als Chef der Griechenland-Task-Force gut gebrauchen. Denn in Griechenland wird er oft angefeindet, nicht zuletzt, weil er Deutscher ist. Immer wieder tauchen Nazi-Vergleiche auf. Dabei will er nur helfen - helfen, das griechische Reform- und Sparprogramm umzusetzen. Und er betont: Griechenland hat es sich selbst auferlegt. Am Willen fehlt es auch gar nicht, meint er. "Nach unserer Erfahrung findet es die griechische Regierung leichter, entsprechende Gesetze auf den Weg zu bringen als sie dann umzusetzen." Hier, bei der Umsetzung, stünden die Task Force, aber auch Experten vieler EU-Mitgliedsstaaten und des IWF, den Griechen beratend zur Seite.

Mehr Steuern auf niedrigem Niveau

Ob es um den Aufbau einer wirksamen Steuerverwaltung, die Lenkung von EU-Strukturfondsmitteln in die richtigen Projekte oder die Kreditversorgung kleiner und mittlerer Unternehmen geht, Reichenbachs Leute versuchen zu helfen. Bei der Steuereintreibung sei man deutlich vorangekommen, sagt er, weniger dagegen beim Bürokratieabbau. "Vor allem im Unternehmensumfeld gibt es zu viel Bürokratie und zu viele Verwaltungshemmnisse. Ein Beispiel: Die Zollkontrollen bei Exportgeschäften dauern zwanzig Tage. Im EU-Durchschnitt sind es zehn Tage." Allein durch die schwerfällige Verwaltung würden Investitionen stark behindert.

Die Titelseite der griechischen Zeitung "Demokratie" zeigt Bundeskanzlerin Merkel in Nazi-Uniform (Foto: /AP/dapd)
Griechische Medien machen mit Nazi-Vergleichen StimmungBild: dapd

Andere Länder haben sich selbst geholfen

Eines der größten Probleme sieht Reichenbach auch nach wie vor in der geringen Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands. Die Lohnkosten seien im Vergleich zu anderen EU-Ländern zu hoch, und zwar auch im Vergleich zu Ländern, die im Gegensatz zu Griechenland kein Hilfspaket brauchten, aber für Griechenland mit gezahlt haben. Das ist auch der Moment in der Pressekonferenz in Athen, wo der superdiplomatische Beamte noch am deutlichsten kritisiert. "Es gibt Euro-Länder, die nach Pro-Kopf-Einkommen ärmer sind als Griechenland und sich fragen, inwiefern sie zu den umfangreichen Hilfspaketen für Griechenland beitragen sollen." Den Menschen in diesen Ländern müsse man das erklären können. "Daher glaube ich, man muss fair zu Griechenland sein, aber auch fair zu Ländern, die vielleicht einen noch tieferen Wandel durchmachen mussten."

Wahlergebnis könnte Geschäftsgrundlage zerstören

Die Tatsache, dass nun endlich das zweite Hilfspaket angelaufen ist, ist auch für Reichenbach eine Erleichterung. Das gibt seiner Arbeit eine sicherere Grundlage. Sie wäre ihm allerdings sofort entzogen, wenn nach der Wahl in Griechenland, die voraussichtlich Ende April oder Anfang Mai stattfindet, sich der Sieger nicht mehr an das Reformprogramm gebunden fühlte. Deswegen werden Kommissionsvertreter nicht müde, die führenden griechischen Politiker auf das Programm zu verpflichten. In Brüssel drückte es Kommissionssprecherin Pia Ahrenkilde positiv aus. "Es gibt ein sehr breites politisches Bekenntnis zu dem, was im Moment in Griechenland passiert und noch passieren wird. Besonders gilt das für das zweite Hilfspaket, von dem sozusagen alles ausgeht." Die versteckte Warnung daraus lautet: Sollte dieses Bekenntnis nicht mehr gelten, und das ist keineswegs ausgeschlossen, stünden Griechenland und die EU mit ihren Euro-Stabilisierungsbemühungen praktisch wieder ganz am Anfang.

Antonis Samaras auf dem Weg zu einer Fraktionssitzung der EVP in Brüssel (Foto: reuters)
Möglicher künftiger Premierminister: Antonis Samaras hat immer wieder Zweifel an seinem Bekenntnis zum Reformprogramm gesätBild: Reuters