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Athen pocht auf Schuldenerleichterungen

Rolf Wenkel5. Mai 2014

IWF und EU-Kommission rechnen Griechenland so schön, dass Athen jetzt eine Verlängerung von Zahlungsfristen und niedrigere Zinsen verlangen kann. Seriöse Ökonomen kommen auf ganz andere Zahlen.

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National Bank of Greece Nationalbank Griechenland (Foto: LOUISA GOULIAMAKI/AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Die griechische Regierung verhandelt in Athen mit den Europartnern über weitere Hilfen für das Krisenland. Dabei zielt Athen auf eine deutliche Verlängerung der Zahlungsfristen - von 30 auf 50 Jahre. Zudem streben die Griechen neben der Streckung von Zahlungsfristen auch eine Senkung der Zinsen an. Die Eurogruppe hatte den Griechen schon im November 2012 in Aussicht gestellt, dem Land mit weiteren Hilfen unter die Arme zu greifen, vorausgesetzt die Sparmaßnahmen würden greifen, so dass ein primärer Haushaltsüberschuss - Einnahmen minus Ausgaben vor Abzug der Zinszahlungen - erreicht werde. Die EU hatte vergangene Woche bestätigt, dass Athen dieses Ziel 2013 erreicht hat.

Ob Athen tatsächlich mehr Einnahmen erzielt hat als auf der Ausgabenseite steht, ist unter Ökonomen jedoch heftig umstritten. Vor gut einer Woche attestierte die EU-Kommission Griechenland einen Primärüberschuss von 1,5 Milliarden Euro für das vergangene Jahr. Das halten viele Ökonomen für eine Art Selbstbetrug im Einvernehmen zwischen der Europäischen Union, dem Internationalen Währungsfonds IWF und Athen. Man müsse nur genug Ausgabenposten weglassen, dann käme man immer zu einem Überschuss, wettert zum Beispiel der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Hans Werner Sinn.

"Kein Primärüberschuss"

"Griechenland hat überhaupt keinen Primärüberschuss erwirtschaftet, das ist eine Information, die in der Presse kolportiert wird und die falsch ist", sagt Sinn zur DW. "Griechenland hat ein erhebliches Primärdefizit. Es ist nur so, dass der IWF für seine Hilfsmaßnahmen einen Teil des Defizits nicht mitrechnet. Das ist aber die Definition des IWF und nicht die Definition von Eurostat oder anderer statischer Ämter", so Sinn weiter.

Tatsächlich berechnet das in Luxemburg ansässige europäische Statistikamt Eurostat überhaupt keine Primärsalden. Das erledigen andere - zum Beispiel die EU-Kommission oder der Internationale Währungsfonds. Und die lassen in ihren Berechnungen "einmalige" Sonderausgaben einfach weg, zum Beispiel jene knapp 20 Milliarden Euro, die Athen den maroden griechischen Banken zur Verfügung gestellt hat.

Athen vor dem Comeback?

Ansonsten ist die EU-Kommission sehr bemüht, für Griechenland ein sehr positives Bild zu zeichnen. Das am schwersten von der Schuldenkrise betroffene Land steht nach Einschätzung der EU-Kommission vor einem Comeback: Das Bruttoinlandsprodukt soll 2014 erstmals seit sechs Jahren wieder wachsen - um 0,6 Prozent. "Die Erholung in der Euro-Zone dürfte für eine Belebung der Warenexporte sorgen", schreibt die EU-Kommission in ihrer am Montag (05.05.2014) veröffentlichten Konjunkturprognose.

2015 soll das Bruttoinlandsprodukt sogar um 2,9 Prozent zulegen. "Sowohl die Investitionen als auch der private Konsum sollten dazu deutlich beitragen", heißt es in der EU-Prognose. Die Arbeitslosigkeit dürfte nur langsam zurückgehen: Von 27,3 Prozent im Vorjahr auf 24 Prozent im kommenden Jahr. Auch die Verschuldung bleibt problematisch: Zwar soll die Neuverschuldung kräftig sinken - von 12,7 Prozent 2013 auf 1,0 Prozent 2015. Doch der Schuldenberg dürfte dann immer noch 172,4 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen. Die EU-Verträge schreiben eigentlich eine Obergrenze von 60 Prozent vor.