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Assads Macht bröckelt

7. August 2012

In Aleppo lässt das Assad-Regime tausende Soldaten und schwere Waffen für die Entscheidungsschlacht gegen die Aufständischen auffahren. In Damaskus laufen dem Präsidenten die Gefolgsleute davon.

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Syriens Präsident Baschar al-Asad (Foto: AP)
Bild: AP

Als bislang höchster Regierungsvertreter lief Ministerpräsident Riad Hidschab zu den Rebellen über und setzte sich zusammen mit seiner Familie nach Jordanien ab. Über seinen Sprecher Mohammed Otari ließ er mitteilen, er kehre dem mörderischen und terroristischen Regime von Präsident Baschar al-Assad den Rücken und schließe sich der Opposition an. Seine Flucht wurde danach von den Rebellen der Freien Syrischen Armee (FSA) koordiniert.

Der syrische Informationsminister Omran al-Sohbi bestätigte indirekt das Überlaufen des Regierungschefs. Der Nachrichtenagentur Sana sagte er, die Übertritte von "Persönlichkeiten gleich welchen Ranges" zur Opposition änderten nichts an der Politik des Staates. Al-Sohbri widersprach aber Berichten des oppositionellen Syrischen Nationalrates über die Flucht zweier Minister. Dies entbehre jeder Grundlage.

Syrien Regierungschef Riad Hidschab bei seiner Ernennung durch Assad (Foto: Reuters)
Die Distanz wurde größer: Ex-Ministerpräsident Hidschab und sein PräsidentBild: Reuters

Das syrische Staatsfernsehen bemühte sich um Schadensbegrenzung und berichtete, Assad habe Hidschab entlassen und eine Übergangsregierung unter Omar Ghalawandschi eingesetzt. Der Sender war kurz vor Bekanntwerden der Flucht Hidschabs selbst Ziel eines Anschlags, bei dem mehrere Angestellte verletzt wurden. Das staatliche Syrische Fernsehen gilt als wichtigstes Propagandainstrument des Assad-Regimes.

Assads Rückhalt sinkt auch in der Armee

Die USA werten das Überlaufen Hidschabs als weiteren Beweis für den Zerfall des Assad-Regimes. Die Tatsache, dass sich immer mehr hochrangige Vertreter absetzten, sei ein Zeichen, dass Assad zunehmend an Macht verliere, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, in Washington. Assad könne seine Kontrolle über das Land nicht wiederherstellen, weil das Volk das nicht erlauben werde. Auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle erklärte, dies zeige, wie weit der Erosionsprozess der syrischen Führung fortgeschritten sei.

Trotz Regime-Krise: Gewalt in Syrien geht weiter

Regimekritiker berichten, Assad verliere zunehmend auch den Rückhalt der Sunniten in Armee und Sicherheitsapparat. Allerdings stellten sie nur 4000 der 33.000 Offiziere im Militärapparat. Der Assad-Clan und die Spitzen des Regimes gehören jedoch der schiitischen Gemeinschaft der Alawiten an, während die meisten Aufständischen Sunniten sind.

Entscheidungsschlacht in Aleppo

Unterdessen gehen die Gefechte in der Millionenstadt Aleppo weiter. Die Staatsmedien sprachen von einer bevorstehenden Entscheidungsschlacht. Auch die Rebellen erwarten schon bald eine große Offensive in der Stadt. Nach Angaben eines ihrer Kommandeure haben 25.000 Soldaten Stellung bezogen.

Die Aufständischen meldeten schweren Artilleriebeschuss des Stadtteils Salaheddin durch Regierungstruppen. Assads Soldaten feuerten danach mit Panzern in enge Gassen, in denen die Regimegegner Schutz vor dem Beschuss aus Hubschraubern suchen. Angesichts der zunehmenden Gewalt in Aleppo haben die Vereinten Nationen ihre Beobachter aus der Stadt abgezogen. Es handle sich um einen vorübergehenden Abzug, sagte eine UN-Sprecherin In New York.

Die Hauptstadt Damaskus ist nach Angaben der Regierung weitgehend wieder unter Kontrolle der Armee.

Im Fall der von Rebellen entführten 48 Iraner droht eine Eskalation. Nachdem drei von ihnen angeblich durch Armee-Beschuss getötet wurden, drohen die Aufständischen nun damit, die übrigen Geiseln zu töten, sollte das Feuer nicht eingestellt werden.

Frankreich schickt Ärzte

Der Syrien-Konflikt hat mehrere hunderttausend Menschen in die Flucht und ins Exil getrieben. Zur humanitären Unterstützung von Flüchtlingen aus Syrien will Frankreich eine Gruppe von Militärärzten und anderen Medizinern an die jordanisch-syrische Grenze schicken. Die Entscheidung von Präsident François Hollande sei mit Jordanien abgestimmt, teilte der Elysée-Palast mit. Gleichzeitig kündigte der französische Außenminister Laurent Fabius einen Besuch Jordaniens und weiterer Länder der Region an.

UN-Flüchtlingslager für syrer in Jordanien (Foto: Reuters)
Hilfe dringend nötig: Zeltstadt für Flüchtlinge aus Syrien in JordanienBild: REUTERS

Die Bundessregierung sieht derzeit noch keinen Grund für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien. Die meisten von ihnen hofften auf ein baldiges Ende der Kämpfe, sagte ihr Menschenrechtsbeauftragter Markus Löning. Deshalb sei es besser, den Flüchtlingen vor Ort zu helfen, entweder in Syrien selbst oder in Nachbarländern wie Jordanien oder dem Libanon.

gmf/haz ( dpa, afp, dapd, rtr)