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Asamoah: "Ich war der schwärzeste Schwarze"

Philipp Büchner13. September 2012

Mit einer gemeinsamen Aktion aller Clubs wirbt die Bundesliga am Wochenende für mehr Toleranz und Integration in Deutschland. Im DW-Interview spricht Fußball-Profi Gerald Asamoah über Integration im Fußball.

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Die ehemaligen deutschen Nationalspieler Torsten Frings (links) und Gerald Asamoah reichen sich die Hände (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Zum zweiten Mal in der Geschichte der Fußball-Bundesliga verzichten am dritten Spieltag (14. bis 16.09.2012) alle 18 Vereine auf ihre Trikotwerbung und laufen stattdessen mit dem Slogan "Geh deinen Weg" auf. Mit dieser Aktion rührt die Liga die Werbetrommel für mehr Toleranz und Integration in Deutschland.

Bereits 1992 hatten die Clubs der Bundesliga eine ähnliche Aktion durchgeführt, als Reaktion auf die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Rostock. Damals stand auf den Trikots: "Mein Freund ist Ausländer."

Es ist einiges besser geworden

Einer, der sowohl gelungene als auch weniger gelungene Integration am eigenen Leib zu spüren bekommen hat, ist Fußball-Profi Gerald Asamoah. Der 33-Jährige wurde 1978 in Ghana geboren und nach seiner Einbürgerung 2001 als erster gebürtiger Afrikaner in eine DFB-Auswahl berufen. Ingesamt absolvierte Asamoah 43 Spiele in der deutschen Nationalmannschaft. Von 1999 bis 2010 spielte er für Schalke 04, im Moment steht er beim Aufsteiger Greuther Fürth unter Vertrag.

DW: Gerald Asamoah, Sie sind mit 33 noch mal in die Bundesliga aufgestiegen mit der Spielvereinigung Greuther Fürth. Klingt das für Sie schon richtig, oder hat das noch etwas Unwirkliches?

Gerald Asamoah: Es ist schon komisch. Wenn man von Fürth redet, dann denkt man: Fürth - Zweitliga-Mannschaft, die es nie schafft. Dass man es jetzt geschafft hat, ist eine Genugtuung. Man freut sich, Teil dieser Mannschaft zu sein.

Der Fürther Gerald Asamoah (links) regt sich über eine Entscheidung von Schiedsrichter Christian Dingert auf (Foto: dpa/lhe)
Der jetzige Fürther Asamoah (links) ist seit 1999 in der Bundesliga aktivBild: picture-alliance/dpa

Der prominenteste Name in der Fürther Mannschaft ist "Gerald Asamoah". Doch sie saßen bisher zweimal 90 Minuten auf der Bank. Welche Rolle haben Sie denn in Fürth?

Wichtig ist einfach nur, dass ich weiß, was für einen Stellenwert ich in der Mannschaft habe. Egal, ob ich spiele oder nicht spiele, die Jungs wissen, wie wichtig ich für sie bin. Und der Trainer weiß: Jedes Mal, wenn er mich braucht, bin ich da.

Auffällig ist, dass Sie immer lachen. Auch schon als junger Spieler und auch in schlechten Zeiten.

Ich bin ein Typ, der einfach locker ist und der über diese Fröhlichkeit rüberkommt. Ich weiß nicht, wie schnell alles vorbei gehen kann. Und deswegen genieße ich jeden Tag, an dem ich auf dem Platz stehen kann. Und diese Fröhlichkeit werde ich nie verlieren, weil ich einfach so bin und auch so bleiben will.

In ein paar Tagen werden Sie 34. Ich glaube, Anfang Oktober.

Ja, am Tag der deutschen Einheit! Deswegen bin ich hier der richtige Deutsche - wollte ich nur sagen. 3. Oktober 1978 - Tag der deutschen Einheit. Kennen Sie das noch? Ist ein Feiertag, wissen Sie das? (lacht)

Aber mal Spaß beiseite. Mit fast 34 Jahren sind Sie der erfahrenste Profi in ihrer Mannschaft. Was hat sich verändert, seit Sie 1999 in die Bundesliga kamen? Was fällt Ihnen besonders auf?

Vieles, vieles. Klar ist jetzt sehr viel mehr Geld mit im Spiel. Aber was sich für mich sehr positiv entwickelt hat, ist der Umgang mit dem Thema Rassismus. Es war am Anfang schon sehr extrem, als ich für Hannover in Cottbus aufgelaufen bin. Natürlich kann man immer noch mehr tun. Aber wenn man sieht, dass Sachen sich verändern, dann ist man sehr stolz darauf, dass man einer derjenigen war, die es gewagt haben, darüber zu reden und etwas dagegen zu tun.

Der deutsche Fußballspieler Gerald Asamoah spricht auf der Veranstaltung "Migranten in Deutschland - Brückenbauer in die Welt" (Foto: dpa)
Asamoah engagiert sich nicht nur auf dem Platz für mehr Toleranz und Integration von AusländernBild: picture-alliance/dpa

Ist es wirklich so, dass sich in der Fußball-Bundesliga die Situation verbessert hat? Gibt es heute weniger Rassismus im deutschen Fußball?

Klar, es gibt immer noch Idioten, die es nie kapieren wollen. Aber im Vergleich zu damals, in den 90er Jahren, als gewisse Leute mich beschimpft haben, ist einiges besser geworden. Aber man kann immer noch mehr dafür tun. Leute wie ich oder Michael Ballack, wir können die jungen Leute erreichen. Wir müssen offen über dieses Thema reden. Wenn wir das nicht tun, dann können wir auch keinen Menschen ändern.

Doch ist es nicht so, dass man auch ein paar Schläge dafür einstecken muss, um glaubwürdig zu sein?

Na klar, aber ich bin stark. Ich war der erste Schwarze, der für Deutschland gespielt hat. Ich habe sehr viel einstecken müssen. Ich habe Briefe nach Hause bekommen. Es gab Leute, die richtig gegen mich waren - gegen die bin ich vor Gericht gegangen. Aber ich bin mir treu geblieben, ich habe wirklich daran geglaubt: Man kann etwas ändern. Und wenn man nicht versucht, etwas zu ändern, dann wird sich auch nichts ändern. Ich habe vielleicht die Chance, mit meinem Namen gewisse Leute zu gewinnen, um die Situation zumindest für meine Kinder zu verändern. Deshalb habe ich das gemacht und ich hoffe, dass es noch besser wird.

Ich muss noch mal an Erwin Kostedde erinnern, in der deutschen Nationalmannschaft damals schwarzafrikanischer…

Ja, aber Kostedde war ein Halbschwarzer. Fifty-Fifty. Ich war dann der schwärzeste Schwarze. Habe ich irgendwann mal gesagt. Lange her (lacht lange).

Das Gespräch führte Philipp Büchner.