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Milliardenschwere Übernahme

22. April 2010

Das britische Bus- und Zugunternehmen Arriva hat der geplanten Übernahme durch die Deutsche Bahn zugestimmt. Arriva ist vor allem auf dem britischen Markt unterwegs.

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Fertiggestellte Lokomotive von Arriva in der Halle in Neustrelitz - Ostdeutschland (Foto: dpa)
Schon angekommen in Deutschland: Arriva baut Lokomotiven in OstdeutschlandBild: picture alliance/dpa

Die Deutsche Bahn hat für die geplante Übernahme des Verkehrskonzerns Arriva die Zustimmung des britischen Managements. Wie Arriva in London mitteilte, empfiehlt der Vorstand seinen Aktionären das Kaufangebot der Bahn als "fair und vernünftig". Die bundeseigene Deutsche Bahn ist demnach bereit, 775 Pence pro Arriva-Aktie zu zahlen. Das entspricht einem Kaufpreis von 1,585 Milliarden Pfund, das sind rund 1,8 Milliarden Euro. Da Arriva zudem Schulden in Höhe von rund 900 Millionen Euro hat, würde sich die Kaufsumme damit insgesamt auf 2,7 Milliarden Euro belaufen. Das wäre der teuerste Zukauf in der Geschichte der Deutschen Bahn.

Bundesregierung unterstützt Auslandseinkäufe

DB - Logo der Deutschen Bahn (Foto: AP)
Deutsche Bahn will das Europa-Geschäft stärkenBild: AP

Die Bundesregierung hatte schon im März signalisiert, dass sie Auslandszukäufe der Bahn unterstützt. Der Konzern dürfe nicht mit Scheuklappen auf den Heimatmarkt schauen, sondern müsse im Zuge der Liberalisierung des Bahnverkehrs auch Wachstumschancen außerhalb Deutschlands nutzen, hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) gesagt. Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Uwe Beckmeyer, ist der Ansicht, die Bahn müsse ihre europäische Wettbewerbsfähigkeit im Auge behalten und zusehen, "dass nicht andere an ihr vorbeiziehen". Allerdings dürfe sie ihr Kerngeschäft in Deutschland dabei nicht vernachlässigen.

Chancen und Kritik

Andere Politiker kritisierten die geplante Übernahme. Der unter Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn begonnene Größenwahn gehe unter seinem Nachfolger Grube weiter, kritisierte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter. Die Bahn solle lieber einen besseren Verkehr in Deutschland organisieren. Auch in Kreisen der FDP gab es Kritik: Hier werde ein privates Unternehmen faktisch verstaatlicht.

Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube sprach in Berlin dagegen von einer "sehr großen Chance für profitables und nachhaltiges Wachstum". Es gehe darum, sich im europäischen Wettbewerb von Konkurrenten wie der französischen Staatsbahn SNCF "nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen", sagte Grube. Das Arriva-Management werde im Amt bleiben, auch die Marke bleibe erhalten.

Höhere Verschuldung

Ein Kauf ließe allerdings die Schulden der Bahn weiter steigen. Nach der jahrelangen Expansion unter Grubes Vorgänger Mehdorn ist das Unternehmen bereits mit rund 15 Milliarden Euro verschuldet. Der Kaufpreis für Arriva soll durch die Ausgabe neuer Anleihen finanziert werden.

Ein blauer Arriva-Bus unterwegs in Staffordshire (Großbritannien) (Foto: dpa)
Mit Bus und Bahn ist Arriva in Europa unterwegsBild: picture alliance/dpa

Durch den Kauf könnte die Deutsche Bahn ihre Marktposition in Europa verbessern. Arriva ist derzeit in zwölf europäischen Ländern aktiv, vorwiegend im Personenverkehr, aber auch im Frachtverkehr. Bei einem Kauf muss sich Arriva vermutlich aber aus kartellrechtlichen Gründen von seinen deutschen Töchtern trennen. Denn Arriva tritt seit 2004 im Nahverkehr als Konkurrent der Bahn in Deutschland an. Die Briten sind beispielsweise an der ostdeutschen Eisenbahn (ODEG) beteiligt, die kürzlich der DB Aufträge in der Region Berlin-Brandenburg abnahm. In Deutschland hat das Unternehmen etwa 3400 Beschäftigte. Der Gesamtkonzern machte 2009 mit 42.300 Mitarbeitern einen Umsatz von 3,6 Milliarden Euro.

Im Gegenzug geht die Deutsche Bahn nach ersten Gesprächen mit den EU-Wettbewerbsbehörden davon aus, dass sie die Arriva-Beteiligungen in Deutschland wieder abgeben muss. Arriva-Vorstandschef David Martin erwartet, dass das Geschäft bis Mitte August vollzogen sein wird - einschließlich der Genehmigungen der Kartellbehörden.

Autorin: Monika Lohmüller (dpa, ap, reuters)

Redaktion: Andreas Becker