1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Arbeitsbesuch mit Hintergedanken

Ute Schaeffer26. Januar 2004

Der russische Präsident Putin besucht derzeit (23./24.1) die Ukraine. Gute Beziehungen zum ukrainischen Kollegen Kutschma sind ihm wichtig. Ziel des Zusammenspiels: pro-westliche Kräfte sollen klein gehalten werden.

https://p.dw.com/p/4bMG
Gute Beziehung: Putin und KutschmaBild: AP

An Themen mangelt es dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem ukrainischen Kollegen Leonid Kutschma nicht bei ihrem Treffen in Kiew. Der "Arbeitsbesuch" des russischen Präsidenten hat durchaus eine gewisse Strahlkraft. Schließlich ist Wahljahr in der Ukraine wie in Russland und da sind außenpolitische Termine stets auch Wahlkampftermine. Im März wird der russische Präsident gewählt - es steht außer Zweifel, dass dieser Putin heißen wird. Und im November wird in der Ukraine das Präsidentenamt neu besetzt. Kutschma und die ihm treu ergebenen Oligarchen in Politik und Wirtschaft starten allerdings aus einer wenig komfortablen Position und noch ist unklar, ob Kutschma überhaupt antreten wird. GUS-Staaten sind Chefsache

Für Putin stehen die Beziehungen zu den GUS-Staaten an erster Stelle der russischen Außenpolitik. Daraus hat der Kreml nie ein Hehl gemacht. Gerade die Ukraine mit ihrer großen russischen Minderheit, mit ihrem großen Absatzmarkt für russische Produkte, als Transitland für russische Energieträger und als Brückenstaat nach Europa nimmt da eine hervorgehobene Position ein. Deshalb mischt sich Russland auch mit schöner Regelmäßigkeit in Parlaments- und Präsidentschaftwahlen im Nachbarland ein und arbeitet massiv gegen pro-westliche Präsidentschaftskandidaten wie den Reformpolitiker Viktor Juschtschenko. Und die Rosenrevolution in Georgien, durch die mit Saakaschwili ein eindeutig prowestlicher Kandidat ins Präsidentenamt eingezogen ist, hat Moskau darin bestärkt, eine solche Entwicklung in anderen GUS-Staaten zu verhindern.

In der letzten Amtsperiode Kutschmas seit 1999 haben sich die ukrainisch-russischen Beziehungen verbessert. Je mehr Skandale und Skandälchen den ukrainischen Präsidenten schwächten - insbesondere die Affäre um den ermordeten Journalisten Gongadze - desto mehr suchte und fand dieser Unterstützung bei Russland. Putin stützte Kutschma und verteidigte ihn gegen die vehemente Kritik aus Westeuropa.

Kutschma lässt sich von Europäern nicht reinreden

Die guten und engen Beziehungen zeigen sich in praktischen Ergebnissen in Politik und Wirtschaft: So gehörten die Ukraine und Russland - gemeinsam mit Belarus und Kasachstan - zu den Gründungsmitgliedern eines Einheitlichen Wirtschaftsraumes (EEP). Dieser solle nach dem Vorbild der Europäischen Union zusammenwachsen. Auch wenn dieser EEP noch ein reines Papierprodukt ist, war die ukrainische Unterstützung des EEP unübersehbares Signal in Richtung Westen. Schließlich hatte die Ukraine bis zu diesem Zeitpunkt betont, dass sie die Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union anstrebe. Beides zusammen - EEP und EU - wird aber kaum gehen. Auch wirtschaftlich hat sich die Zusammenarbeit intensiviert: Der gegenseitige Handel ist in den Jahren 2002 und 2003 nach russischen Angaben um rund 30 Prozent gewachsen. Am Ausbau dieser Beziehungen werden auch Putin und Kutschma weiter basteln.

Es ist keine Frage, dass die Ukraine - als Brückenland zwischen Europa und Russland - eine integrative Außenpolitik nach Ost wie nach West führen muss. Zur Zeit allerdings sucht die Ukraine sehr viel mehr die Anlehnung an Russland als an die Ukraine und Europa. Kutschma will die Kritik der Europäer an seinem autoritären Regierungsstil nicht verstehen. Von Putin hingegen hat er solches nicht zu befürchten. Und Brüssel ist nicht bereit, der Ukraine die Aussicht auf eine vollwertige Mitgliedschaft in der Europäischen Union wirklich zu eröffnen - eben wegen eines Mangels an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Eine Abkehr des "Neuen Nachbarn" Ukraine, die ab Mai 2004 unmittelbar an die Europäisch Union angrenzen wird, von Europa, kann jedoch auch Westeuropa nicht wollen. Und insofern dürfte der Abeitsbesuch nicht nur in den beiden Staaten, sondern auch im Westen aufmerksam verfolgt werden.