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Arbeit ohne soziale Sicherheit

Marcel Fürstenau20. März 2004

Kinder- und Zwangsarbeit ist in vielen Ländern noch immer alltäglich. Das soll sich mit Unterstützung des deutschen Entwicklungshilfe-Ministeriums ändern: Ein neuer Ratgeber zielt auf bessere Arbeitsbedingungen weltweit.

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Billiglöhne und Kinderarbeit machen eine Schnäppchenjagd erst möglichBild: Bilderbox

Einkaufen und dabei ein gutes Gewissen haben ist in Zeiten der Globalisierung schwerer denn je. Und dennoch oder vielleicht gerade deswegen, spielt dieses Thema bei Verbrauchern eine zunehmend große Rolle. Das jedenfalls meint die deutsche Ministerin für Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul: "Es gibt immer mehr Leute, die die Frage interessiert, wie wird eigentlich das Kleid, das mein Kind trägt oder das ich trage, hergestellt? Unter welchen Bedingungen?"

Waren es womöglich Kinder, die unter zum Teil menschenunwürdigen Bedingungen und gegen schlechte oder gar keine Bezahlung Kleider hergestellt haben, die in einem deutschen Kaufhaus als Schnäppchen über den Ladentisch gehen? Fragen, die im Idealfall gar nicht mehr gestellt werden müssen. Doch dass es noch Jahre dauern wird, bis weltweit verbindliche Arbeitsnormen durchgesetzt werden, darüber machen sich die Teilnehmer des runden Tisches im Entwicklungshilfeministerium keine Illusionen.

Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Heide Wieczorek-Zeul setzt auf die Vorbild-Funktion, die der nun vorgelegte Ratgeber für die Durchsetzung sozialer Mindestnormen übernehmen soll. Dabei gehe es nicht darum, Unternehmen zu boykottieren, betont Jan Eggert, Hauptgeschäftsführer der Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels. Vielmehr setzen er und seine Mitstreiter auf das soziale Gewissen der Unternehmen und deren Lieferanten. Um den eigenen Ansprüchen zu genügen, kontrollieren nach Angaben Eggerts regelmäßig unabhängige Prüfer, ob die Mindestnormen eingehalten werden.

Mit elf Unternehmen habe man Vereinbarungen getroffen, 25 weitere stünden vor dem Abschluss, sagt Eggert. Lieferanten, die gegen die freiwilligen Vereinbarungen verstoßen, müssen aber nicht sofort mit Konsequenzen rechnen. Man müsse bei diesem Prozeß Geduld haben. "Wenn der Lieferant absolut nichts verändert, dann müssen wir auch im Sinne der Glaubwürdigkeit unseres Systems sagen: 'Dann war's das.'"

Aussicht auf einen langwierigen Prozess

Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen, so genannte NGOs, sehen in den Selbstverpflichtungen der Unternehmen nur einen ersten Schritt auf dem langen Weg zu Arbeitsbedingungen, wie sie etwa in Deutschland üblich sind. Darauf verwies Bertin Eichler von der Metall-Gewerkschaft: "Gewerkschaften, aber ich denke auch die NGOs haben dafür zu sorgen, dass die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Tarifverhandlungen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch in der Realität gefördert werden." Mit anderen Worten: Die Abschaffung insbesondere von Kinderarbeit und humane Arbeitsbedingungen sind die Voraussetzung dafür, um in Entwicklungsländern Schritt für Schritt westliche Standards am Arbeitsplatz einschließlich Mitbestimmung zu erreichen.

Dabei ist die Mißachtung sozialer Arbeitsnormen sowohl ein Problem ausländischer Investoren, aber auch der unterentwickelten Länder selbst. Diese Erfahrung hat Entwicklungshilfe-Ministerin Wieczorek-Zeul auf den großen Welthandels-Konferenzen gemacht: "Ich weiß, wie schwierig der Prozess ist. Weil mir natürlich klar ist, dass ein Großteil von Schwellenländern und Entwicklungsländern nicht möchte, daß es solche verbindlichen Regeln gibt."

Denn die haben ihrerseits ein Interessen daran, wettbewerbsfähig zu bleiben. Und das können sie oft nur, indem sie soziale Arbeitsnormen missachten. Verbraucher werden sich noch lange die Frage stellen, unter welchen Bedingungen die von ihnen gekauften Produkte hergestellt wurden. Und oft wird es darauf keine präzise Antwort geben.