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Mordkomplott

7. August 2009

Wegen interner Streitigkeiten hat die Fatah ihren Parteitag in Bethlehem verlängert. Einig ist man sich dort nur darin, dass Arafat 2004 ermordet wurde - und zwar von Israel.

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Fatah-Parteitag (Foto: AP)
Gut bewacht: der Eingang zum Fatah-ParteitagBild: AP

Die Fatah-Bewegung hat Israel für den Tod des ehemaligen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat verantwortlich gemacht. Auf dem ersten Parteikongress seit 20 Jahren stimmten die Delegierten einstimmig für eine Resolution, nach der "die Besatzungsmacht Israel die volle Verantwortung für die Ermordung des Märtyrers Jassir Arafat trägt".

Arafat (Foto: AP)
Arafat: Opfer eines israelischen Mordkomplotts?Bild: AP

Arafat war am 11. November 2004 nach längerer Krankheit im Alter von 75 Jahren in einem französischen Krankenhaus gestorben. Palästinenservertreter hatten Israel schon damals beschuldigt, Arafat vergiftet zu haben. Eine palästinensische Untersuchung schloss im Jahr 2005 eine Vergiftung, Krebs oder Aids als Todesursache dagegen aus und bestätigte vorangegangene Untersuchungen, wonach Arafat an einer Gehirnblutung gestorben sei. Dennoch habe es "Symptome" gegeben, die nicht erklärbar seien. Der israelische Informationsminister wies diese Anschuldigungen in einer Erklärung als "lächerlich" zurück. Doch die Fatah will den Fall jetzt neu aufrollen lassen.

Das war es aber auch schon an Einigkeit. Um ein politisches Programm ringt die Fatah nach wie vor, und das schon länger als geplant. Eigentlich sollte der Parteitag bereits am Donnerstag (06.08.2009) zu Ende gehen, doch die Abstimmungen über das Programm und die neue Führungsriege wurde auf Freitag verschoben, konnte aber wegen einer Vielzahl an Kandidaturen wiederum nicht stattfinden. Es werde Aufgabe der neuen Führung sein, "die Spaltung zu beenden und die politische Einheit wieder herzustellen", sagte Fatah-Sprecher Ahmed Abdal Rahman. Der Streit beim emotionsgeladenen Fatah-Parteitag in Bethlehem hat erneut die innere Zerrissenheit der Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas offenbart. Die größte politische Bewegung der Palästinenser hat mit einem starken Machtverlust und einem internen Richtungsstreit zu kämpfen.

Diskussionen über Abbas' Kompromissvorschlag

Delegierte (Foto: dpa)
Mehr als 2000 Delegierte sind zum Parteitag nach Betlehem gekommenBild: picture-alliance/ dpa

Mit einem Kompromissvorschlag hatte Abbas am Donnerstag versucht, einen Streit zwischen den Delegierten aus dem Westjordanland und jenen aus dem Gazastreifen über die Neuwahl des Führungsgremiums beizulegen. Delegierte aus dem Gazastreifen fordern eine Ein-Drittel-Repräsentanz unter den gewählten Mitgliedern des Zentralkomitees und des Revolutionsrats. Dem wollten Delegierte aus dem Westjordanland nicht zustimmen. Zur Wahl stehen 18 von 21 Posten im Zentralkomitee und 70 von 120 Mitgliedern im Revolutionsrat. Die restlichen Posten werden nach den Wahlen durch Ernennung besetzt. Abbas' Führungsposten steht auf dem Parteitag nicht zur Debatte.

Einer der zentralen Punkte ist der Entwurf für ein neues Parteiprogramm: Dieses sieht Friedensverhandlungen mit Israel vor, stell dafür aber detaillierte Bedingungen wie einen Baustopp für jüdische Siedlungen. Ziel ist ein palästinensischer Staat, der das Westjordanland, den Gazastreifen und den Ostteil Jerusalems umfasst. Ein provisorischer Staat als Zwischenlösung, wie ihn die Roadmap vorsieht, wird abgelehnt. Weiter fordert der Programmentwurf, dass über ein Friedensabkommen in einem Referendum abgestimmt werden soll.

Israel fürchtet eine 3. Intifada

Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen der "alten" und "jungen Garde" in der Fatah. Letztere wollen mehr Einfluss in der Partei. Im Wettstreit mit Hamas um die Gunst der palästinensischen Bürger setzen sie auch auf radikalere Positionen als die gemäßigtere alte Garde um Abbas. Die vor 16 Jahren begonnenen Friedensverhandlungen mit Israel haben die Palästinenser ihrem Ziel eines unabhängigen Staates kaum näher gebracht. Kompromissbereitschaft in den Beziehungen zu Israel, wie Abbas sie zeigt, wird daher häufig als Schwäche ausgelegt.

Delegierte (Foto: dpa)
Streit bei Fatah-Parteitag um Gaza-RepräsentanzBild: picture-alliance/ dpa

Bei der Eröffnung des Parteitags am Dienstag hatte Abbas neben seinem Friedenswillen auch das Recht auf Volkswiderstand gegen die israelische Besatzung bekräftigt, insbesondere mit Demonstrationen und Protesten. In Israel wird befürchtet, dies könnte als indirekte Billigung von Anschlägen ausgelegt werden. Der Abgeordnete der Kadima-Partei Avi Dichter, äußere die Sorge, der 6. Fatah-Parteitag könnte einen dritten Palästinenseraufstand Intifada ins Rollen bringen. Der ehemalige Geheimdienstchef Dschibril Radschub, der um einen Posten in der Führungsriege kämpft, betonte während des Parteitags, Fatah habe die "militärische Option" nicht aufgegeben.

Die israelische Zeitung "Jerusalem Post" kritisierte in einem Leitartikel den "Heldenempfang" der Fatah-Delegierten für Chaled Abu Usba, einen der Attentäter bei einem Anschlag auf einen israelischen Bus, bei dem im März 1978 insgesamt 35 Israelis getötet wurden. Er war mit israelischer Genehmigung aus Jordanien angereist und betonte immer wieder, er bedaure den Anschlag von damals nicht. "Ich habe nur einen Angriff verübt, Israel hat aber in den letzten 40 Jahren die Palästinenser tausende von Malen angegriffen", sagte er. (sm/ina/dpa/ap/afp)