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Arafat soll ausgewiesen werden

12. September 2003

Das israelische Sicherheitskabinett hat sich im Grundsatz auf die Ausweisung des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat geeinigt. International wurde die Ankündigung Israels als großer Fehler gewertet.

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"Dies ist meine Heimat. Dies ist das Heilige Land. Niemand kann mich rauswerfen!"Bild: AP

Es ist eine geradezu salomonische Lösung, die Israels Regierungschef Ariel Scharon mit seinem Sicherheitskabinett erarbeitet hat. Er kommt damit den Forderungen der großen Mehrzahl seiner Minister nach und berücksichtigt gleichzeitig die Bedenken der wichtigsten Verbündeten, der Amerikane. Palästinenserpräsident Jassir Arafat werde ausgewiesen, hieß es lapidar in einer Stellungnahme aus Jerusalem - mit dem Zusatz: im Prinzip. Arafat sei ein Hindernis für den Frieden, die Armee sei daher aufgefordert, einen Plan zu Arafats Ausweisung zu erarbeiten. Dies könne aber Wochen oder Monate dauern.

Beobachter in Israel gehen davon aus, dass diese Grundsatzentscheidung keine unmittelbaren Folgen haben wird. Ein Minister versicherte, Arafat werde nicht sofort des Landes verwiesen, möglicherweise aber dann, wenn es einen neuen Anschlag geben sollte.

Reaktion auf den jüngsten Anschlag

Scharon hatte den ganzen Donnerstag (11.9.2003) über mit den Spitzen des Militärs und der Geheimdienste beraten, am Abend rief er dann das Sicherheitskabinett zusammen, um die israelischen Reaktionen auf die beiden jüngsten Terroranschläge abzustimmen, bei denen 15 Menschen ums Leben gekommen waren.

Die meisten Minister hatten bereits vorher erklärt, dass sie für eine Ausweisung Arafats seien. Außenminister Silwan Schalom hatte aber darauf hingewiesen, dass Israel Rücksicht auf den Willen der amerikanischen Regierung nehmen müsse, die abgeraten hatte, Arafat zum jetzigen Zeitpunkt zu verbannen. Der Wunsch Washingtons, derzeit noch Zurückhaltung zu üben, war offenbar der Grund für die zweideutige Entscheidung des Sicherheitskabinetts.

Nach Informationen des israelischen Fernsehens war Scharon bereits mit einem fertigen Text für den Beschluss in die Beratungen gekommen. Eine formelle Abstimmung gab es nicht, aber in der Diskussion signalisierten die elf Minister des Sicherheitskabinetts ihre fast einhellige Zustimmung. Lediglich Innenminister Avraham Poraz sprach sich gegen eine Ausweisung Arafats aus.

Widerstand der Palästinenser

Der palästinensische Außenminister Nabil Schaath nannte die Entscheidung eine Kriegserklärung an das palästinensische Volk. Er rief die internationale Staatengemeinschaft auf zu intervenieren. Auch der neue palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia verurteilte den Beschluss der israelischen Regierung und rief alle "weisen Menschen der Welt" auf, gegen diese "verrückte Entscheidung" vorzugehen.

Arafat selbst erklärte, er werde die palästinensischen Gebiete nicht freiwillig verlassen. "Niemand kann mich rauswerfen", sagte er in Ramallah und fügte hinzu: "Sie können mich töten. Sie haben Bomben."

Internationale Kritik

Eine Ausweisung Arafats wäre "keine Lösung", sagte US-Außenamtssprecher Richard Boucher in Washington, sondern würde Arafat lediglich eine neue "Tribüne" geben, um sich zu äußern, fügte Boucher hinzu. Er erinnerte daran, dass sich US-Außenminister Colin Powell gegen eine Verbannung des Palästinenserpräsidenten ausgesprochen habe. Zugleich bekräftigte Boucher, dass die USA Arafat als "Teil des Problems, nicht der Lösung" sehen. Die USA sehen Arafat schon lange nicht mehr als Gesprächspartner; Präsident George W. Bush hat ein Treffen mit ihm stets verweigert.

Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin sprach von einem "schweren Fehler" und forderte in einer in Paris veröffentlichten Erklärung die israelische Regierung auf, ihre Entscheidung zu überdenken, und warnte vor den möglichen Folgen für die gesamte Region.

Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana äußerte seine "tiefe Besorgnis" und ließ durch eine Sprecherin erklären, in der derzeitigen Situation müsse alles verhindert werden, was zu einer Eskalation führen könnte. Er rief dazu auf, die Konsequenzen einer Ausweisung Arafats zu bedenken. Kritik an Israel äußerten auch die Regierungen von Jemen, Bahrain, Indonesien und Australien. (kas)