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Arabische Internet-Nutzer entdecken Weblogs als Medium

Zineb Derouiche 13. September 2005

Mehrere Millionen Weblogs soll es schon in Nordamerika geben, bis zu 40.000 in Deutschland. In arabischen Ländern ist ihre Zahl zwar noch viel kleiner, aber auch dort gewinnen immer mehr Autoren Gefallen daran.

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Obwohl in den arabischen Ländern vergleichsweise wenige Menschen Zugang zum Internet haben, ist auch dort die Zahl der Weblogs stark gestiegen. Von Autoren im Irak beispielsweise gibt es mittlerweile 154 Weblogs. Beobachter meinen, dass diese sich durch die amerikanische Invasion verbreitet hätten. Viele Iraker konnten dadurch ihre persönliche Haltung gegenüber dem Krieg im Internet veröffentlichen. Von ägyptischen "Bloggern" befinden sich im Internet inzwischen 376 arabische und englische Weblogs. Zum Vergleich: In Internet-Quellen ist die Rede von einigen Millionen Weblogs aus Nordamerika, sowie von 20.000 bis 40.000 aus Deutschland.

Die Themen, mit denen sich die Autoren beschäftigen, sind sehr vielfältig. Beginnend bei persönlichen Erlebnissen bis hin zu Politik und literarischen Produktionen, werden Texte verfasst und im Netz veröffentlicht. Andere wiederum beschränken sich auf die Veröffentlichung von Fotos.

Vom Konsumenten zum Anbieter

Mohammed aus Ägypten zum Beispiel beschäftigt sich in seinem Weblog vor allem mit politischen Themen. Im Jahr 2003 probierte er zum ersten Mal den Entwurf einer eigenen Seite im Internet aus. 2004 entschied er sich, weiter darin zu schreiben. "Das erste Mal kam ich durch die irakischen Weblogs mit dieser Seite des Internets in Berührung", sagt Mohammed. "Ich hatte großes Interesse zu erfahren, was mit dem Irak nach der amerikanischen Invasion 2003 passiert und passieren wird. Und die Weblogs boten mir die besten Information und das beste Bild an."

Maha stammt aus dem Libanon und studiert in London. Sie beschäftigt sich in ihrer Magisterarbeit mit Weblogs von Autoren aus Syrien, Jordanien und dem Libanon, eine bislang noch überschaubare Zahl, was ihrer Untersuchung zugute kommt. Maha möchte den Einfluss dieser neu entstandenen Gemeinde von "Bloggern" auf die politische Meinungsbildung untersuchen und mögliche Prognosen zur weiteren Entwicklung dieses Mediums formulieren. "Der Gedanke, dass Bewohner der gesamten Welt diese breite Fläche nutzen, um den eigene Gefühlen und Meinungen Ausdruck zu verleihen oder Kritik an Themen oder Personen auszuüben, und dies ohne die eigene Identität preiszugeben, ist spannend", sagt Maha. "Sie sind fähig, all das zu schreiben, was sie möchten, vor allem in Ländern, in denen keine Pressefreiheit herrscht."

Angst und Vorsicht

In einigen arabischen Ländern ist es keine Selbstverständlichkeit, dass die Verfasser von Weblogs ohne Bedenken ihre Namen veröffentlichen können. Mohammed schreibt unter seinem richtigen Vornamen, aber nur weil der Name im Arabischen häufig vorkommt und er keine Angst hat, erkannt zu werden. Maha arbeitet in ihrem Weblog unter ihrem wahren Namen, ist aber vorsichtig bei dem, was sie schreibt und im Internet veröffentlicht, aus Angst, sie könne jemanden verletzen oder verärgern.

Sie fand heraus, dass die Autoren von Weblog-Beiträgen sehr vorsichtig sind, vor allem bei heiklen politischen Themen. Der Grund sind Berichte über Verhaftungen und Folterung von Weblog-Autoren in Ländern wie Syrien, Irak, Saudi Arabien und Bahrain. Viele Autoren entschieden sich deshalb dazu, in anderen Sprachen als der arabischen zu schreiben. Vor allem junge Araber, die im Ausland leben, machen deshalb von der dortigen Meinungsfreiheit regen Gebrauch, und zwar als "Blogger" im Internet.

Für den Ägypter Mohammed sind die Weblogs jedenfalls uneingeschränkt ein Medium der Freiheit: "Jeden Tag, wenn ich neue Weblogs im Netz finde, wird mir klar, dass die Menschen wirklich kein Mittel hatten, um ihre Meinungen auszusprechen. Sie nutzen das Medium der Weblogs, um über persönliche Erfahrungen oder politische Meinungen zu schreiben."