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Antiterrorkampf als Wahlkampfthema

9. September 2004

Was halten die australischen Wähler vom militärischen Irak-Engagement ihrer Regierung? Dieser Frage muss sich Premierminister Howard am 9. Oktober stellen. Das Attentat in Jakarta könnte die Stimmung beeinflussen.

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Hofft auf Rückhalt: John HowardBild: AP

Ende August hatte es Premierminister John Howard amtlich gemacht. Nachdem seit langem über den genauen Termin für die australische Parlamentswahl spekuliert wurde, setzte Howard die Abstimmung über seine Zukunft nun offiziell auf den 9. Oktober an. Damit ist er der erste Regierungschef aus der Reihe der britisch-amerikanisch-australischen Interventionsmächte im Irak, der sich dem Wählervotum stellt.

Labour will Soldaten abziehen

Mark Latham Wahlen in Australien
Bush-Kritiker LathamBild: AP

Ähnlich wie seine Kollegen Tony Blair und George W. Bush steht auch Howard innenpolitisch wegen des Irak-Engagements seiner Regierung unter Druck. Sein Herausforderer, Mark Latham von der Labour-Partei, hatte bereits im Frühjahr 2004 angekündigt, nach einem Wahlsieg einen Großteil der derzeit rund 850 im Irak stationierten australischen Soldaten bis Jahresende abzuziehen. Nicht nur die australische Regierung verurteilte die Abzugspläne umgehend - auch Washington reagierte prompt: Präsident Bush bezeichnete Lathams Äußerung als gefährlich, was dem amerikanischen Präsidenten wiederum den Vorwurf der Einmischung in die inneren Angelegenheiten Australiens einbrachte.

Trotz der engen Beziehungen zwischen Bush und Howard gibt es große Unterschiede zwischen den beiden Regierungschefs, betont Roland Seib, Asien-Pazifik-Experte vom Pazifik-Netzwerk an der Universität Hamburg: "Ich würde Howard nicht mit Bush vergleichen, denn Bush steht in den USA vielmehr im Zentrum der Kritik als Howard in Australien."

"Gefährlichster US-Präsident seit Menschengedenken"

Australische Soldaten in Irak
Politikum: Australische Soldaten im IrakBild: AP

Wem die Sympathien der US-Regierung bei der Wahl gelten würden, war aber schon vor Lathams Bekanntgabe der Abzugspläne bekannt. Spätestens seitdem er Präsident Bush im vergangenen Jahr öffentlich als den "gefährlichsten US-Präsidenten seit Menschengedenken" bezeichnete, sind die Beziehungen zwischen dem australischen Oppositionsführer und der amerikanischen Regierung auf dem Tiefpunkt. Dagegen versucht Amtsinhaber Howard wie sein Kollege in den USA mit dem Argument der Standfestigkeit im Kampf gegen den Terrorismus und der unter seiner Führung gewachsenen internationalen Rolle Australiens zu punkten.

Wie der Demokrat John Kerry in den USA, setzt auch Latham neben dem Irak auf die wirtschaftliche Lage als Wahlkampfthema. Und wie Kerry wird auch Latham nicht müde, zu betonen, dass die Steuererleichterungen der Regierung Howard nur den Reichen Vorteile bringen, während die Armen nichts davon hätten. Im Gegensatz zu Präsident Bush kann Premierminister Howard aber auf eine auf Hochtouren laufende Wirtschaft verweisen, die das britische Wirtschaftsmagazin "Economist" kürzlich als "wonder down under" bezeichnete: Die Wirtschaft wächst das 13. Jahr in Folge mit einer Rate von durchschnittlich fast vier Prozent pro Jahr, die Arbeitslosenquote beträgt nur rund sechs Prozent, die Inflation ist unter Kontrolle. Als problematisch könnte sich künftig allerdings das mit rund sechs Prozent sehr hohe Handelsbilanzdefizit des Landes sowie die hohe Verschuldungsrate der Verbraucher erweisen.

El-Kaida-Anschlag wurde seit langem befürchtet

Eine unerwartete Vorlage für beide Wahlkämpfer lieferte der frühere Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Richard Clarke, der zuvor durch zahlreiche Interviews und seine Buchveröffentlichung auch schon für eine Belebung des amerikanischen Wahlkampfs gesorgt hatte. Clarke verglich die Situation in Australien vor der Wahl mit der Situation in Spanien, wo die Opposition ebenfalls einen Truppenabzug aus dem Irak versprach, während die Regierung die Soldaten nicht abziehen wollte. "Es eröffnet die Möglichkeit, dass eine mit El Kaida verwandte Terrororganisation etwas unternehmen könnte, was sie normalerweise bei einer Wahl in Australien nicht tun würden", sagte Clarke mit Bezug auf den El-Kaida-Anschlag in Madrid unmittelbar vor der Wahl. "So komisch, das auch klingt, ich glaube nicht, dass El Kaida versuchen wird, die Wahl in den USA zu beeinflussen, aber da die australische Wahl so sehr dem ähnelt, was in Spanien passiert ist, besteht dort durchaus diese Möglichkeit."

Clarkes Analyse wird durch Umfragen erhärtet. Nach den jüngsten Prognosen der Meinungsforscher liegen Regierung und Opposition in der Wählergunst fast gleich auf.

Beim Thema Sicherheit liegt Premier Howard zwar weit vor seinem Herausforderer, allerdings schwächelt der Amtsinhaber bei der Wählerpopularität. Nur rund 49 Prozent der Befragten sind nach einer Newspoll-Umfrage mit der Amtsführung von Howard zufrieden. Dennoch erwartet Asien-Pazifik-Experte Seib einen Wahlsieg von Howard: "Er kann sich im Glanz der sehr guten Wirtschaftslage sonnen und auf das internationale Engagement von Australien im Irak, Papua-Neuginea und Ost-Timor verweisen. Dagegen wird Labour nach Jahrzehnten an der Macht noch nicht als regierungsfähig angesehen und Labour-Chef Mark Latham ist im Land auch kaum bekannt."