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Antifaschismus in Serbien

11. November 2010

Lange Zeit schien die antifaschistische Vergangenheit Serbiens vergessen. In der nationalistisch geprägten Zeit während des Milosevic-Regimes war Antifaschismus out. Nun werde er wieder salonfähig, bemerken Experten.

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Schwarze Flagge mit durchgestrichenem Hakenkreuz (Foto: AP)
Der Opfer des Faschismus wird in Serbien wieder gedachtBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

In Serbien ist dieses Jahr der Internationale Antifaschismus-Tag (09.11.2010) friedlich begangen worden. Die Regierung hat eine zentrale Gedenkfeier organisiert, die auch vom staatlichen Fernsehen übertragen wurde. Noch vor wenigen Jahren war das anders: Neonazis unterbrachen beispielsweise gerne öffentliche Podiumsdiskussionen, die an Hochschulen zum Thema 9. November organisiert wurden. Die serbische Regierung organisierte damals noch keine offizielle Kundgebung. Experten bewerten diese Änderungen als Fortschritt.

Energisch gegen Rechte

Graffities mit nationalistischen Parolen in Serbien (Foto: DW)
Entschiedenheit im Kampf gegen Rechts gefordertBild: DW/Petrovic

Dem stimmt auch der serbische Politologe Aleksandar Popov zu. Bislang habe sich Serbien so benommen, als ob es sich seiner Teilnahme am antifaschistischen Kampf schäme. Darauf sei Belgrad bereits von der Europäischen Union aufmerksam gemacht worden. "Offenbar hat Serbien bei seiner Annäherung an die EU von Brüssel die Aufgabe bekommen, sein Image zu verändern und die ablehnende Haltung zum Faschismus deutlich zu machen", sagt Popov. Das sei schließlich auch ein Teil der Geschichte des Landes.

Serbien müsse sich ebenfalls energisch der jüngsten Vergangenheit widersetzen, so Popov weiter. Bis zur demokratischen Wende am 5. Oktober 2000, aber auch danach seien pro-faschistische und neonazistischen Gruppierungen und Gedankengut in einigen politischen Parteien hingenommen und teilweise sogar gefördert worden.

Soziale Gleichstellung Grundlage

Sitz der serbischen Regierung in Belgrad (Foto: DW)
Zu sanfter Kurs gegenüber Nationalisten?Bild: DW

Der Soziologe Vladimir Ilic sieht auch, dass Serbien Fortschritte gemacht habe und heute zu seiner antifaschistischen Vergangenheit und Gegenwart stehe. Der aktuellen Regierung wirft er indes vor, den Faschismus nicht radikal genug zu kritisieren. "Eine radikale Kritik wäre gleichzeitig auch Kritik am Nationalismus und an den Tycoone in Serbien. Und dazu war diese Regierung nicht in der Lage, weil sie sich schließlich auf die Nationalisten und Tycoone im Land stützt", so Ilic. Aufkeimendem Faschismus könne man nur die soziale Gleichstellung aller Bürger entgegenstellen. Dies sei in Serbien aber nicht der Fall. "Arme Menschen, Roma, Behinderte, Angehörige von konfessionellen, nationalen und sexuellen Minderheiten - alle müssen sie durch die Torturen, die ihnen die Gesellschaft bereitet. Nicht der Staat, sondern die Gesellschaft", betont Ilic.

Die antifaschistische Gesinnung wurde laut Aleksandar Popov lange in der Öffentlichkeit unterdrückt. Nun müsse ein umgekehrter Prozess einsetzen: "Meiner Meinung nach muss in der Öffentlichkeit die antifaschistische Gesinnung nun gefördert werden. Wenn dies mittelfristig geschieht, können gute Ergebnisse erzielt werden - insbesondere bei den jungen Leuten, die in erheblichem Maße nazistischer und nationalistischer Ideologie ausgesetzt waren", meint Popov.

Der Internationale Tag des Antifaschismus und Antisemitismus ist im Gedenken an die Opfer der Reichskristallnacht eingeführt worden, bei der am 9. November 1938 Nazis in Deutschland jüdische Geschäfte zerstörten und damit die Pogrome gegen die Juden im Dritten Reich begann.

Autoren: Dinko Gruhonjic / Mirjana Dikic

Redaktion: Julia Kuckelkorn