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Antiamerikanismus in der Slowakei

28. Februar 2003

– Mode oder Politik?

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Bratislava, 27.2.2003, RADIO SLOWAKEI, deutsch

Als vor kurzem ein Diplomat von der US-Botschaft einen Vortrag über die NATO-Erweiterung vor Studenten eines Bratislavaer Gymnasiums hielt, stellte sich heraus, dass die jungen Slowaken sich kaum für die Politik zu interessieren scheinen. Beim Schlagwort Irak erwachten sie plötzlich aus ihrem Schlummer und begannen den Diplomaten mit sehr harten Fragen zu bombardieren. "Das kann man nicht anhören. Er spricht ja so wie der Bauer Bush", klangen die meisten Äußerungen der Studenten.

Die slowakischen Studenten stimmen mit der Mehrheit der europäischen Ansichten überein, dass US-Präsident Bush vorhabe, die ganze Welt zu erobern. Über die amerikanischen Expansionsbestrebungen spricht man bereits Slowakei-weit auch in dörflichen Kneipen.

Mit dieser Ansicht kam in die Slowakei ein neues Phänomen – der Antiamerikanismus. Er spiegelt sich im Rückgang der Unterstützung des NATO-Beitritts des Landes wider. Es geht aber nicht nur um die Politik. Gegen die USA sein, zählt heutzutage zum Modetrend, meint der slowakische Schriftsteller Michal Hvorecky. Unter den jungen Leuten verbreitet sich der Widerwille zur "oberflächlichen" amerikanischen Kultur – zu Hollywood, MacDonalds oder Coca-Cola.

Laut einem 20-jährigen Studenten der Ökonomischen Universität zu Bratislava Julius Kovacs seien die USA pharisäisch. "Hollywood ist ein exakter Beweis dafür. Europa ist viel kultureller und gebildeter", fügte der Student hinzu. Er arbeitete jedoch bei einem der Symbole des amerikanischen Weltherrschaftsstrebens – bei MacDonald. "Ich arbeitete zwar dort, aber stimme nicht damit überein."

Ähnlich dran sind auch viele andere junge Leute – obwohl sie den amerikanischen Lebensstil verachten, sind sie nicht imstande ihm zu widerstehen. "Sie wollen unkonform sein, aber sie brauchen den Konformismus", meint Schriftsteller Hvorecky. (fp)