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Verfassungsrichter setzten Frist

25. April 2013

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Anti-Terror-Datei zeigt sich die Bundesregierung erleichtert. Geändert werden muss am Gesetz so einiges. Dazu gaben die Richter der Regierung bis Ende 2014 Zeit.

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Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe (Foto: dpa)
Bundesverfassungsgericht verkündet Urteil zur AntiterrordateiBild: picture-alliance/dpa

Im Klartext heißt das, die Reform der umstrittenen Anti-Terror-Datei wird wohl erst nach der Bundestagswahl in Angriff genommen werden. Die Verfassungsrichter erklärten am Mittwoch die 2007 geschaffene Anti-Terror-Datei im Grundsatz für verfassungsgemäß, mahnten aber Nachbesserungen an. So dürfen die Sicherheitsbehörden weiter Daten speichern und austauschen, aber nicht mehr beliebig sammeln.

Datensammelwut: Nein Danke

Die Karlsruher Richter verlangten, die Datensammlung, in der Informationen über mutmaßliche Terroristen gesammelt werden, stark einzugrenzen. Bisher werden nicht nur Informationen über Terrorverdächtige erfasst, sondern auch häufig über meist völlig ahnungslose Bürger, die nur zufällig Kontakt mit den Verdächtigen hatten. Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts urteilte, dass nur "willentliche Unterstützer" gespeichert werden dürfen. Denn das Auftauchen in der Datei konnte für zufällig Betroffene wie etwa Nachbarn, Verwandte oder Kollegen erhebliche Auswirkungen haben: Visa für Reisen in bestimmte Länder könnten aufgrund eines Eintrags verweigert oder Geldüberweisungen ins Ausland nicht getätigt werden. Die Richter gaben mit ihrem Urteil dem Kläger recht, der moniert hatte, dass bei der derzeit gängigen Praxis auch unbescholtene Bürger ins Visier der Ermittler gelangen könnten.

Erfasst werden in der Anti-Terror-Datei neben den Stammdaten der Personen auch eine Vielzahl weiterer Daten, darunter Fotos, besondere körperliche Merkmale, Telefonnummern, Internetadressen, Bankverbindungen und sogenannte "terrorismusrelevante Fähigkeiten", aber auch Ausbildung, Beruf oder Daten zu besuchten Orten oder Gebieten.

Antiterrordatei muss nachgebessert werden

Informationen über mehr als 17.000 Personen sind aktuell in der Datei erfasst, von denen nur etwa 400 als gewaltbereite Islamisten eingeschätzt werden. Zugriff auf die Datei haben derzeit 38 Behörden, darunter das Bundeskriminalamt, der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst, der Militärische Abschirmdienst sowie die 16 Landeskriminalämter. Künftig sollen weniger Sicherheitsbehörden als bislang auf diese Datei zugreifen dürfen. Überdies soll die Sammlung stärker von unabhängiger Stelle auf den Datenschutz überprüft und der Bundestag regelmäßig informiert werden. Das Gericht setzte eine Frist von 20 Monaten, um die geforderten Veränderungen umzusetzen.

Bundesregierung erleichtert

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zeigte sich erleichtert nach dem Urteil, dass die Datei an sich fortbestehen darf. Sie habe sich im Kampf gegen den internationalen Terrorismus als wichtiges Instrument erwiesen. Die vom Gericht geforderten Nachbesserungen würden sorgfältig geprüft und realisiert.

Justizministerin fühlt sich bestätigt

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fühlte sich durch die Karlsruher Entscheidung in ihrer Kritik an der Datei bestätigt. Sie bezeichnete das Urteil als wegweisend für eine größere Transparenz im Anti-Terror-Kampf. Allein die Zahl der in der Datei erfassten Menschen zeige, wie notwendig rechtsstaatliche Korrekturen seien. Auch im Zeichen der Terrorbekämpfung dürfe es keine automatische Vermengung der Tätigkeiten von Polizei und Geheimdiensten geben. Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einer klaren Linie, die das Gericht gezogen habe, um die Balance von Freiheit und Sicherheit auszutarieren. Künftig müsse die Datei so ausgestaltet werden, verlangte sie, "dass nicht auch Personen in der Datei landen, denen man wirklich nicht vorwerfen kann, sie hätten etwas mit islamistischem Terrorismus zu tun".

Schaar mahnt vorausschauende Gesetzgebung an

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar begrüßte das Urteil. Die Richter hätten seinen "Bedenken und Anregungen in vollem Umfang Rechnung getragen". Schaar sagte in Berlin, die Entscheidung sei wegweisend, vor allem im Umgang mit vermeintlichen Kontaktpersonen, die nicht terrorverdächtig seien.

qu/wa (dpa, afp)