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Kommentar

Thomas Bärthlein19. Februar 2007

Bei dem Anschlag auf Waggons des "Samjhauta"- oder "Verständigungs"-Expresses zwischen Indien und Pakistan starben mindestens 67 Menschen. Den Friedensprozess wird das dennoch nicht gefährden, meint Thomas Bärthlein.

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Es gibt klare Anzeichen, dass es die Absicht der Zug-Attentäter war, den Friedensprozess zwischen Indien und Pakistan aus der Spur zu bringen. Dafür spricht auch, dass der Anschlag am Vortag der geplanten Indien-Reise des pakistanischen Außenministers Khurshid Mahmud Kasuri stattfand.

Aber es scheint kaum denkbar, dass die Terroristen ihr Ziel erreichen werden. Die indische Regierung hatte zwar nach einer Serie von Anschlägen auf Pendlerzüge in Mumbai (Bombay) im vergangenen Juli den Dialog mit Pakistan für eine Weile ausgesetzt. Vorangegangen war eine regelrechte Kampagne in den indischen Medien, die der eigenen Regierung Schwäche im Kampf gegen den Terrorismus vorwarfen, und dabei auch Pakistan als Unterstützer oder mindestens Dulder von Terror-Anschlägen in Indien brandmarkten.

Diesmal jedoch ist die Lage völlig anders. Es ist das erste Mal, dass sowohl Pakistaner als auch Inder Opfer eines Terroranschlags geworden sind. Die meisten Toten sind aus Pakistan, einige sind indische Muslime.

Unzureichende Sicherheitsvorkehrungen unentschuldbar

Es ist eher wahrscheinlich, dass die indische Regierung diesmal stärker selbst in die Kritik geraten wird. Zu offensichtlich ist, dass die Sicherheitsvorkehrungen in Indien völlig unzureichend waren. Der nur alle zwei Wochen zwischen Delhi und Lahore verkehrende Zug musste militanten Gegnern des Friedensprozesses als ein besonders geeignetes Ziel erscheinen. Dass es trotzdem allen Berichten zufolge keine ernsthaften Sicherheitskontrollen gab und es den Attentätern problemlos gelang, Dutzende von Kerosin-Flaschen und Sprengsätze zu deren Zündung in den Zug zu bringen, ist unentschuldbar.

Jetzt fordert Pakistan von den Indern rasche und gründliche Aufklärung. Erste Stimmen aus Islamabad vermuten bereits extremistische Hindus aus Indien hinter der Tat. Bislang gibt es aber nur Spekulationen über die Urheberschaft. Die radikalsten Gegner der indisch-pakistanischen Aussöhnung finden sich unter separatistischen Hardlinern in Kaschmir - auch sie könnten ein solches Blutbad geplant haben.

Friedensprozess nicht in Gefahr

Ganz unabhängig davon, wer hinter den Taten steckt: Der Friedensprozess zwischen Indien und Pakistan ist durch derartige Terror-Anschläge nicht gefährdet - das hat sich auch im vergangenen Sommer schnell herausgestellt. Wobei man auch nicht sagen kann, dass der Dialog bisher einen Durchbruch erreicht hätte. Vor allem beim Haupt-Streitpunkt Kaschmir lassen sich Indien und Pakistan nicht auf Kompromisse ein; denn zu groß ist das gegenseitige Misstrauen.

Jetzt allerdings müssen sich beide erstmals gemeinsam als Opfer des Terrors erleben. Die Ermittlungen bieten da vielleicht sogar eine Chance, die zur Routine gewordenen gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Indien und Pakistan hinter sich zu lassen und durch Informationsaustausch neues Vertrauen aufzubauen. Vertrauensbildende Maßnahmen könnten auch vom Besuch Kasuris in Delhi ausgehen, der wie geplant stattfinden soll. Hier wird es nicht zuletzt um gemeinsame Maßnahmen zur Terror-Bekämpfung gehen.