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"Anschlag auf die Weltgemeinschaft"

20. August 2003

Nach dem verheerenden Anschlag auf das UN-Hauptquartier in Bagdad wird die Kritik an der US-Politik im Irak immer lauter. Die Kommentatoren internationaler Tageszeitungen fordern mehr Miteinander der Weltgemeinschaft.

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Internationale Pressestimmen von Mittwoch, 20.8.2003

"Die Amerikaner haben es durch Unwissenheit oder Arroganz verpasst, mit Hilfe einer Verbesserung der Lebensbedingungen im Irak nach dem Sturz Saddam Husseins 'die Herzen und den Geist' der irakischen Bevölkerung zu gewinnen. Die einzige Hoffnung, das Schlimmste zu verhindern, ist jetzt eine massive Intervention der internationalen Gemeinschaft im Irak unter der Fahne der Vereinten Nationen. Dafür muss Präsident Bush seine Niederlage erkennen, bevor es zu spät ist", schreibt die linksliberale französische Tageszeitung "Libération".

Als "Anschlag auf die Weltgemeinschaft" wertet die britische Tageszeitung "The Guardian" den Anschlag in Bagdad: "Wenn es eine Organisation im Irak gibt, die unzweideutig dort ist, um zu helfen, dann sind es die Vereinten Nationen. Der gestrige Bombenanschlag auf ihr Hauptquartier in Bagdad ist folglich eine doppelte Tragödie, für diejenigen, die ihr Leben verloren – darunter auch der ranghöchste UN-Gesandte Sergio Vieira de Mello - und für die Bevölkerung im Irak, deren Zukunft ebenso Ziel des Anschlags war wie die Weltorganisation."

Fehlende Strategie

Die spanische Zeitung "El Mundo" warnt vor dem Wiedererstarken des islamischen Fundamentalismus: "(Die USA) ... bereiteten den islamischen Fundamentalisten eine Bühne, auf der diese sich zur Schau stellen können. Washington und seine Alliierten haben im Irak eine Situation geschaffen, die für die Weltgemeinschaft um ein Vielfaches schlimmer ist als die Lage vor dem Krieg. Wer dies ignoriert, wird den Konflikt nicht lösen können."

Defizite in der Irakstrategie der USA sieht auch die konservative österreichische Tageszeitung "Die Presse": "Die Taktik des irakischen Widerstands ist offensichtlich: Anschläge auf die Finanzquellen und die Infrastruktur sollen das Leben der Bürger erschweren und so deren Hass auf die Besatzer schüren; Anschläge auf internationale Einrichtungen sollen andere Länder davon abhalten, den USA beim Wiederaufbau zu Hilfe zu eilen. (...) Und so erhellt jeder Feuerschein aufs Neue die eine besondere Schwäche der US-Politik: Das Fehlen eines Konzepts für die Zeit nach der Angst und nach dem Schrecken."

Gemeinsam oder nicht?

"The Times"

aus London sieht in dem Anschlag eine Chance auf neue internationale Gemeinsamkeit: "Dieser tragische Angriff kann dazu dienen, die Vereinigten Staaten und die Vereinten Nationen miteinander zu verbinden. Die Unstimmigkeiten der Vergangenheit darüber, ob es klug war, Saddam Hussein zu stürzen, sind irrelevant geworden. Die internationale Gemeinschaft hat jetzt die gemeinsame Aufgabe, den Irak wieder aufzubauen. (...) Alle Seiten müssen ihre Ressourcen bündeln, wie sie es nie zuvor getan haben, in der pragmatischen Erkenntnis, dass die gemeinsame Basis die Bekämpfung des Terrorismus ist sowie der Wille, dem irakischen Volk Sicherheit und Fortschritt zu gewährleisten."

Die amerikanische Zeitung "Washington Post" erklärt dagegen in ihrer Online-Ausgabe, warum sie keine Alternative zur aktuellen Irakpolitik der USA sieht: "Dass das UN-Hauptquartier Ziel war, zeigt auch, dass die Internationalisierung der amerikanischen Besatzung kein Allheilmittel wäre. (...) So, wie Terroristen die USA wo immer möglich angreifen werden - und unabhängig davon, welche Politik Washington verfolgt -, so werden sie jeden angreifen, der Frieden und Pluralismus fördert - egal ob unter der Flagge der Vereinigten Staaten oder dem Banner der Vereinten Nationen. Paul Bremer, der amerikanische Chefverwalter des Irak, beklagte das 'schreckliche Verbrechen' gegen die UN-Mitarbeiter, hat aber zu Recht versprochen, dass die Vereinigten Staaten sich nicht zum Abzug zwingen lassen." (arn)