1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Anklage gegen DFB-Funktionäre zugelassen

26. August 2019

Die früheren DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger müssen vor Gericht. Der Verdacht: Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der WM-Affäre 2006. Franz Beckenbauer muss dagegen nicht auf die Anklagebank.

https://p.dw.com/p/3OUQa
Der neu gewaehlte DFB-Praesidenten Wolfgang Niersbach
Theo Zwanziger (rechts) mit seinem Nachfolger an der DFB-Spitze, Wolfgang Niersbach, bei der Amtsübergabe 2012Bild: dapd

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Anklage gegen die früheren DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in der WM-Affäre zugelassen. Es bestehe bei insgesamt vier Angeklagten ein hinreichender Tatverdacht, erklärte das Gericht. Damit revidiert das OLG eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt aus dem Oktober 2018, in der die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin Rechtsmittel eingelegt.

Keine Klage gegen Beckenbauer 

Neben Zwanziger und Niersbach erhebt das Gericht auch Anklage gegen die ehemaligen DFB-Funktionäre Horst R. Schmidt sowie den früheren FIFA-Generalsekretär Urs Linsi. Aus Sicht des OLG existiert ein hinreichender Tatverdacht, "dass die vier Angeklagten im Zusammenhang mit der als Betriebsausgabe 'Kostenbeteiligung FIFA'Gala 2006' bezeichneten Rückzahlung eines Darlehens an den Fußballer F.B. in Höhe von 6,7 Mio. Euro im Jahr 2006 eine Steuerhinterziehung bzw. Beihilfe zur Steuerhinterziehung begangen haben". Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten bis zu fünf Jahre Gefängnis oder Geldstrafen. 

Mit "F.B." ist Franz Beckenbauer gemeint. Er gehört beim Verfahren in Frankfurt nicht zu den Beschuldigten. In der Schweiz wurde sein Verfahren von den weiteren Beschuldigten wegen Beckenbauers Gesundheitszustand abgetrennt. Das OLG geht "nach Aktenlage" nicht davon aus, dass Geld an Beckenbauer für seine Verdienste um die WM-Vergabe und -Organisation geflossen ist 

DFB glaubt weiter an betriebsbedingte Zahlung

"Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich das OLG Frankfurt entschieden hat, offene Fragen im Rahmen einer Hauptverhandlung
klären lassen zu wollen. Abgesehen davon sind wir weiterhin der festen Überzeugung, dass die Zahlung der 6,7 Millionen Euro
betrieblich veranlasst war", sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker. 

Zwanzigers Anwalt reagierte mit Unverständnis auf die Gerichtsentscheidung. "Es erstaunt uns schon, dass im Beschluss des Oberlandesgerichts in weiten Teilen die Ausführungen der Staatsanwaltschaft/Generalstaatsanwaltschaft wörtlich abgedruckt werden, unsere dazu ausführlich übermittelte Stellungnahme indes völlig weggelassen wird und eine inhaltliche Auseinandersetzung damit noch nicht einmal im Ansatz erkennbar ist", schrieb Anwalt Hans-Jörg Metz in einer Stellungnahme. Er vertrete weiterhin die Rechtsauffassung, "wonach die Vorwürfe gegen meinen Mandanten unbegründet sind" und sehe der Hauptverhandlung gelassen entgegen.

Anklage auch in der Schweiz

Auch die Schweizer Bundesanwaltschaft bringt die früheren WM-Organisatoren mit Ermittlungen weiter in Bedrängnis: Sie hatte Anfang August Anklage erhoben gegen Zwanziger, Schmidt, Niersbach und Linsi. Dem Quartett wird vorgeworfen, das Organisationskomitee der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 arglistig getäuscht zu haben: Dabei geht es um die weiterhin nicht geklärten Zahlungen von umgerechnet 6,7 Millionen Euro aus den Jahren 2002 und 2005.

Beckenbauer hatte vom Unternehmer Robert Louis-Dreyfus einen Kredit in dieser Höhe erhalten, angeblich um einen von der FIFA geforderten Vorschuss für einen WM-Zuschuss von 250 Millionen Schweizer Franken für die nach eigenem Bekunden finanziell klammen WM-Macher zahlen zu können. Die umgerechnet 6,7 Millionen Euro flossen auf Konten des damaligen FIFA-Funktionärs Mohammed Bin Hammam, der mittlerweile wegen Korruption vom Fußball-Weltverband lebenslang gesperrt ist.

Niersbach und Zwanziger wehrten sich mit verbalen Attacken gegen das Vorgehen der Schweizer Behörden. Zwanziger stellte eine Strafanzeige gegen die dortige Bundesanwaltschaft. "Ich habe Aufklärung gewollt. Und der, der Aufklärung wollte, soll jetzt verurteilt werden? Deshalb sehe ich dem Verfahren sehr entspannt entgegen", sagte Zwanziger dem Onlineportal "Sportbuzzer".

Lesen Sie auch: Chronologie der WM-Affäre

ehl/sti (dpa, afp, sid)