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Animismus

28. September 2011

Als Animismus werden schriftlose Religionen bezeichnet. Der Glauben ist weltweit verbreitet. Wichtige Bestandteile des Animismus sind Ahnenkult und Tieropfer. Jimas Sanwidi übt den Naturglauben auch in Deutschland aus.

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Menschen in Nigeria mit einem Opfertier (AP Photo/George Osodi)
Bild: AP

In seinem Garten spricht Jimas Sanwidi ein Gebet zu seinen Ahnen, in "Mooré", einer Sprache aus seiner Heimat Burkina Faso. Er bittet seine Vorfahren um Hilfe. Das macht er immer, wenn er sich in Schwierigkeiten befindet.

Jimas Sanwidi Foto: Wendpanga Eric Segueda, September 2011
Jimas SanwidiBild: DW

Der Mann mit den Rastalocken lebt seit 20 Jahren in Deutschland und arbeitet als Musiker. Jimas Sanwidi ist Anhänger des Animismus. Dieser Naturglaube geht davon aus, dass alle Dinge der Welt "beseelt" (vom lateinischen anima = Seele) sind. So gibt es unter anderem 'Baumseelen' oder 'Steinseelen'. Dahinter steht die Vorstellung, dass es neben der sichtbaren Welt mit all ihren Unbegreiflichkeiten noch eine unsichtbare Welt, die Welt der Seelen geben müsse. Und in dieser Welt leben auch die Ahnen. Gebete an seine Vorfahren verrichtet Jimas Sanwidi immer in der Natur. "Ich rufe meine Ahnen an, genauso wie das mein Vater und mein Großvater gemacht haben", sagt Jimas Sanwidi.

Der Animismus ist eine schriftlose Religion. Alles ist mündlich überliefert worden. So auch, dass Geister an bestimmten Orten wohnen. Wie zum Beispiel in Wäldern, in Quellen, Pflanzen und auf Bergen. Diese Plätze werden nicht beliebig gewählt. Jimas Sanwidi erklärt, dass in seiner Heimat Burkina Faso an diesen Orten Gebete von Gläubigen an ihre Ahnen erhört worden sind. Deshalb sind diese Gebiete auch der richtige Platz für verschiedene Rituale.

Keine Opferung von Tieren möglich

Udo Schwenk-Bressler Foto: Wendpanga Eric Segueda, September 2011
Udo Schwenk-BresslerBild: DW

In Jimas Sanwidis Heimat ist das Tieropfer eines der wichtigsten Rituale: Menschen schlachten zum Beispiel Ziegen und Hühner, um so die Geister und Mächte der Natur friedlich zu stimmen. Doch dieses Ritual ist in Deutschland nicht möglich. Stefan Trutzenberg ist Amtstierarzt in Bonn und sagt: "Nach dem Tierschutzgesetz ist es nur möglich Tiere zu schlachten, wenn sie anschließend gegessen werden. Das Opfern von Tieren ist nicht möglich."

Animistische Praktiken wie Tieropfer sind in Deutschland unvorstellbar. Naturglaube in anderen Formen gibt es durchaus. Vereine wie das "Netzwerk der Animisten in Köln und der Frankfurter Verein "KultURgeister" zum Beispiel. Oft werden diese Gruppen, die sich auch an Naturreligionen wie das Druiden- und Keltentum orientierten, nicht ernst genommen, oder als Sekten bezeichnet. Auch sind die Mitglieder solcher Vereine manchmal Anfeindungen ausgesetzt.

Christlicher Glaube und Animismus nicht vereinbar

Jimas Sanwidi verschüttet Wasser für die Ahnen Foto: Wendpanga Eric Segueda, September 2011
Jimas Sanwidi verschüttet Wasser für die AhnenBild: DW

Für Anhänger der Weltreligionen lassen sich die Grundsätze des Animismus mit ihrem Glauben meist nicht vereinbaren. Udo Schwenk-Bressler ist Pfarrer der Evangelischen Auferstehungskirche und sagt: "Wir glauben, dass Gott der Schöpfer aller Dinge ist. Außer ihm existieren keine Gottheiten. Und es gibt keine heiligen Orte, wo Gott gegenwärtig ist."

Der 47-jährige Burkinabè kann sich in seiner neuen Heimat Deutschland nur auf wenige Praktiken seiner Religion beschränken. Einmal im Jahr reist er nach Burkina Faso. Dort besucht er seine Angehörigen und nutzt auch die Gelegenheit Tieropfer an heiligen Orten darzubringen.

Ein anderes wichtiges Ritual für Jimas Sanwidi ist es, vor jeder Aufnahme von Nahrung ein kleines Opfer an die Ahnen zu richten. Das heißt, bevor er isst oder trinkt, verstreut er Nahrung oder Getränke auf dem Boden. Auch das ist für ihn in Bonn nur mit Einschränkungen möglich. Denn es würde sicherlich Aufsehen erregen, wenn er dies in der Öffentlichkeit tun würde. Weiter sagt er: "Wenn ich zum Beispiel einen schlechten Traum hatte, dann stehe ich auf und lasse etwas Wasser auf den Boden fließen." So soll der Alptraum weggewaschen werden.

Autor: Eric Segueda

Redaktion: Christina Beyert