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Angeklagter Ex-General wieder frei

28. Februar 2013

Der ehemalige jugoslawische Armeechef Momcilo Perisic ist vom UN-Kriegsverbrechertribunal in einem Berufungsverfahren überraschend freigesprochen worden. Wie konnte es dazu kommen?

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Momcilo Perisic (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Das Gericht in Den Haag ordnete die umgehende Freilassung des ehemaligen Generals an. Dem 68-Jährigen war Beihilfe zu Kriegsverbrechen serbischer Milizen während der Balkankriege vorgeworfen worden, darunter das Massaker von Srebrenica. In erster Instanz war er dafür im Jahr 2011 zu 27 Jahren Haft verurteilt worden. In 17 Punkten hatte er dagegen Widerspruch eingelegt.

Perisic hatte sich 2005 selbst dem Gericht gestellt und stets seine Unschuld beteuert. Der Serbe war von 1993 bis 1998 Chef des Generalstabes der jugoslawischen Armee unter dem damaligen Präsidenten Slobodan Milosevic. Jugoslawien hatte die bosnisch-serbische Armee unter General Ratko Mladic mit Waffen ausgerüstet. Für das Tribunal war dies in erster Instanz der Beweis für Beihilfe zu serbischen Kriegsverbrechen in Sarajevo und Srebrenica.

Die Berufungskammer urteilte nun, es sei nicht zweifelsfrei bewiesen, dass Perisic die Truppen der kroatischen und bosnischen Serben unterstützt habe, insbesondere bei den von den bosnisch-serbischen Truppen in Sarajevo und Srebrenica begangenen Verbrechen.

Zwar sei bekannt, dass die Führung in Belgrad bosnische Serben mit Waffen und Ausrüstung versorgt habe. Aber die Anklage habe nicht nachweisen können, dass dies mit der konkreten Absicht geschah, Straftaten der Serbenmilizen unter der Führung von Mladic zu fördern.

"Eine schlüssige Interpretation der Beweise ist, dass die Hilfe für die serbische Armee eher den allgemeinen Kriegsanstrengungen diente als den Verbrechen", sagte jetzt Richter Theodor Meron. Dass eine Armee die andere unterstütze, sei in Kriegszeiten legitim. Während der Belagerung von Sarajevo und der Morde von Srebrenica sei der General weit entfernt in Belgrad gewesen.

Das Urteil zeigt, wie schwer es für internationale Gerichte ist, die Strippenzieher anzuklagen, die nicht direkt in die Ereignisse eingegriffen haben. Bislang ist noch kein ranghoher ehemaliger jugoslawischer Verantwortlicher für die in Bosnien begangenen Verbrechen Anfang der 1990er Jahre rechtskräftig verurteilt worden.

Ex-General Mladic muss sich vor demselben Gericht wegen des Massakers von Srebrenica verantworten, bei dem 8000 Muslime von bosnischen Serben ermordet wurden. Ex-Präsident Milosevic verstarb 2006 vor dem Ende seines Prozesses im Gefängnis des Tribunals.

uh/qu (afp,apd,dpa)