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Handkuss verweigert

5. August 2009

Irans Religionsführer Ali Chamenei wollte sich während der Amtseinführung von Präsident Ahmadinedschad nicht auf die Hand küssen lassen. Dies werten Beobachter als Anzeichen für die Spannungen im iranischen Regime.

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Schulterkuss für Chamenei (Foto: dpa)
Diesmal bietet er ihm nur die Schulter: Ajatollah Khamenei beglückwünscht Ahmadinedschad für seine WiederwahlBild: AP

Mahmud Ahmadinedschad hat sich am Montag (03.08.09) vom geistlichen Führer Ajatollah Ali Chamenei als Präsident des Iran bestätigen lassen. Bei seiner ersten Amtseinführung vor vier Jahren durfte er noch die linke Hand von Ajatollah Chamenei küssen. Bei seiner zweiten offiziellen Bestätigungszeremonie am Montag war Chamenei zurückweisender. Als Ahmadinedschad auf den Revolutionsführer zuging, wich dieser einen Schritt zurück. Lediglich einen Kuss auf seine Schulter ließ Chamenei zu, berichtete die Nachrichtenagentur Irna.

Handkuss als Zeichen der Erfurcht

Der Handkuss gilt im Iran als eine der höchsten Bekundungen von Respekt. Regierungschef Ahmadinedschad wollte dem Religionsführer Chamenei auf diese Weise seine Ehrfurcht zeigen. Der ehemalige Abgeordnete und Kritiker des iranischen Atomprogramms Ahmad Shirzad vermutet, nach dem vorangegangenen Handkuss Ahmadinedschads seien die Iraner sensibler geworden: "Vielleicht wollte sich Chamenei gerade jetzt nicht mit ihm in dieser Form zeigen."

Doch auch unabhängig vom Handkuss: Bei der gestrigen offiziellen Bestätigung Ahmadinedschads wurden Spannungen mit Chamenei deutlich. Experten sprechen von Rissen, die auch im einst monolithischen Block der Hardliner des Mullah-Regimes entstanden sind.

Oppositionelle boykottieren Amtseinführung

Amtseinführung im Parlament (Foto: dpa)
Irans alter und neuer Präsident Mahmud Ahmadinedschad wird im Parlament ins Amt eingeführtBild: picture-alliance/ dpa

Die Kluft zwischen Erzkonservativen und Reformern ist schon lange, spätestens nach den Präsidentenwahlen am 12. Juni, unübersehbar. Deshalb hatte der Vorsitzende des Expertenrates und Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani zusammen mit prominenten Oppositionellen wie dem unterlegenen Kandidaten Mir Hussein Mussawi die Bestätigungszeremonie Ahmadinedschads boykottiert. "Im Grunde genommen waren alle Vertreter der Reformen und Angehörigen der unabhängigen Bewegung abwesend. Die Amtseinführungszeremonie Ahmadinedschads ähnelte einem internen Treffen des rechten Regierungsflügels", berichtet der ehemalige Abgeordnete und Blogger Ahmad Shirzad.

Dennoch waren Vertreter der Reformen und Angehörige führender iranischer Würdenträger und Oppositionspolitiker am Montag im Fernsehen zu sehen - und zwar auf der Anklagebank des Revolutionsgerichtes in Teheran. Die in einem aktuellen Prozess über 100 angeklagten Reformer und Ahmadinedschad-Gegner könnten zur Todesstrafe verurteilt werden. Womöglich haben sich einige von ihnen deshalb nach gut sechs Wochen Haft nun dazu bringen lassen, ein Geständnis abzugeben, dass der Vorwurf des Wahlbetrugs gegen Ahmadinedschad ein Schwindel gewesen sei.

Während der viel kritisierte Prozess gegen die Reformer weiterläuft, muss der wiedergewählte Ahmadinedschad laut Verfassung innerhalb von zwei Wochen sein neues Kabinett vorstellen. Blogger Ahmad Shirzad erwartet, dass die eigentliche Auseinandersetzung erst mit der Verteilung der Ministerposten richtig beginnt: "Ich denke, dass viele versierte und kompetente Manager der Konservativen nicht mit der Regierung zusammenarbeiten werden." Selbst im konservativen Lager Irans scheint es also zu kriseln - mit oder ohne Handkuss.

Autor: Fahime Farsaie

Redaktion: Sarah Mersch