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Kritik an Russland

Das Gespräch führte Olga Sosnizkaja22. Januar 2009

Fortschritte beim Schutz der Menschenrechte in Russland lassen auf sich warten. Barbara Lochbihler, Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, mahnt eine rasche Umsetzung politischer Zusagen an.

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Barbara Lochbihler zu Besuch bei der Deutschen Welle

Deutsche Welle: Menschenrechtsverletzungen in Russland waren während der Präsidentschaft von Wladimir Putin ein wichtiges Thema in der westlichen Presse. Wie bewerten Sie die heutige Lage?

Barbara Lochbihler: Es ist ganz dringend, dass man Menschenrechtsverletzungen wie Verschleppungen und Ermordungen im Tschetschenien-Krieg aus der Putin-Zeit aufklärt. Es ist wichtig, dass auch die jetzige russische Regierung Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht mehr blockiert. Wir bei Amnesty International müssen auch immer wieder kritisieren, dass im heutigen Russland rassistische und rechtsradikale Gewalt zunimmt. Die russische Regierung thematisiert das, aber sie ist nicht konsequent genug in der Bekämpfung. Wenn man die Medienlandschaft anschaut, dann müssen wir nach wie vor dokumentieren, wie auch schon während der Putin-Zeit, dass die Medien wirklich nicht unabhängig sein können, dass Journalisten, die unabhängig berichten, immer wieder bedroht werden. Der jetzige Justizminister hat selbstkritisch gesagt, dass das Justizwesen in Russland viel Verbesserung braucht. Wir warten noch darauf, dass er auch konkret handelt, nämlich, dass die Korruption abnimmt, und dass auch Menschen zu ihrem Recht kommen, wenn sie vor einem russischen Gericht sind.

Kann man von Fortschritten beim Schutz von Menschenrechten unter dem neuen russischen Präsidenten sprechen?

Dmitrij Medwedjew hat angekündigt, den Rechtsstaat und rechtsstaatliche Verhältnisse unterstützen zu wollen. Das haben wir begrüßt, aber wir warten wirklich auf die Umsetzung.

Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in Russland?

Die Situation in Tschetschenien wird vielleicht etwas besser. Aber in Inguschetien, wo Russland auch viel Einfluss hat, ist die Situation nach wie vor sehr schwierig. Was Meinungsfreiheit und Freiheit der Presse und kritischen Journalismus in Russland angeht, so ist das nach wie vor ein großes Problem. Auch die Unabhängigkeit der Menschenrechtsorganisationen, die dort arbeiten, ist nicht gegeben. Hier kommt es immer wieder zu Bedrohungen.

Russland blockiert die Reform des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Wie bewerten Sie dies?

Das kritisieren wir aufs Schärfste. Es ist nämlich sehr wichtig, dass man immer aufklärt, wer die Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen hat. Und da ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein sehr gutes Instrument. Es ist auch wichtig für die Opfer und deren Angehörige, Gerechtigkeit zu erfahren. Hier geht es nicht immer nur um finanzielle Wiedergutmachung, sondern auch darum, dass ein Gericht bei dem schweren Unrecht, das man erlitten hat, Wahrheit finden kann und Wahrheit spricht. Es ist wichtig, dass auch ein Land wie Russland, auch Tschetschenien, zur Ruhe kommt, dass man über die Menschenrechtsverletzungen spricht, dass man aufklärt. Das war auch in Deutschland ganz wichtig.