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AI: Immer mehr Exekutionen in Saudi-Arabien

25. August 2015

Die Menschenrechtsorganisation wirft dem Königreich eine "erschreckend willkürliche" Anwendung der Todesstrafe vor. Nahezu die Hälfte aller Hingerichteten waren Ausländer. Sie kannten weder Sprache noch Justizsystem.

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Der "Hinrichtungsplatz" und das Gebäude der Religionspolizeibehörde in der Hauptstadt Riad Foto: dpa)
Der "Hinrichtungsplatz" und das Gebäude der Religionspolizeibehörde in der Hauptstadt RiadBild: picture-alliance/dpa/P. Grimm

Mit mindestens 2208 hingerichteten Menschen seit Januar 1985 gehört das arabische Land zu den Staaten mit den meisten vollstreckten Todesurteilen - nur in China und dem Iran werden noch mehr Menschen hingerichtet, wie aus dem in Berlin und London veröffentlichten Bericht von Amnesty International "Töten im Namen der Gerechtigkeit: Die Todesstrafe in Saudi-Arabien" hervorgeht. Das Ausmaß, in dem die Todesstrafe in Saudi-Arabien angewandt werde, sei "ein erheblicher Grund zur Sorge", lautet ein Fazit der Menschenrechtsorganisation.

Gesetz der Scharia gilt

Die Zahl der vollstreckten Todesurteile in dem streng konservativen Königreich steigt kontinuierlich. So wurden 2014 laut AI 90 Menschen hingerichtet, von Januar bis Juni 2015 waren es indes schon 102. Die meisten von ihnen wurden enthauptet. Zunehmend würden Menschen wegen Delikten verurteilt, die den internationalen Straftatbestand des "sehr schweren Verbrechens" nicht erfüllten. Menschen würden nach dem Gesetz der Scharia wegen Fremdgehens, Raubüberfalls, Vergewaltigung, Zauberei oder Abfalls vom Glauben zum Tod verurteilt.

Immer häufiger werden auch Drogenvergehen mit dem Tode geahndet: Betrug der Anteil an Exekutionen wegen solcher Delikte 2010 noch vier Prozent, lag er 2014 und in der ersten Jahreshälfte 2015 schon bei 47 Prozent. Fast die Hälfte aller Hinrichtungen erfolge also wegen "nicht kapitaler Verbrechen", kritisiert Amnesty.

Die meisten der zum Tode Verurteilten werden enthauptet - Symbolbild (Foto: epa)
Die meisten der zum Tode Verurteilten werden enthauptet - wie die nachgestellte Szene eines Protestes gegen die Todesstrafe zeigtBild: picture-alliance/dpa/Abir Abdullah

Geständnisse unter Folter und Misshandlungen

Die Beobachter der Menschenrechtsorganisation, deren Recherchen in Saudi-Arabien von den Behörden regelmäßig erschwert wurden, heben auch hervor, dass fast die Hälfte der seit 1985 zum Tode Verurteilten ausländische Staatsbürger gewesen seien. Diese machen aber nur etwas mehr als ein Drittel der Bewohner Saudi-Arabiens aus.

Die Betroffenen sprächen oft kein Arabisch, würden aber dennoch in dieser Sprache verhört. Prozesse fänden zumeist im Geheimen statt, den Angeklagten werde kein Rechtsbeistand gewährt. Generell würden Geständnisse oft unter Folter oder Misshandlungen erpresst, vor Gericht aber dennoch als gültiger Beweis gewertet.

Kinder oder Jugendliche zum Tode verurteilt

In grober Verletzung der UN-Kinderrechtskonvention werden laut Amnesty zudem regelmäßig minderjährige Straftäter zum Tode verurteilt. Manchmal würden die Angehörigen über die bevorstehende Exekution nicht einmal informiert, oft werde auch die Leiche eines Hingerichteten nicht der Familie übergeben. Geistig Behinderte würden von der Todesstrafe nicht verschont, auch das ein Verstoß gegen internationale Übereinkommen.

Viele der in dem Bericht aufgeführten Missstände könne Saudi-Arabien schon abstellen, indem es "einfach die Anwendung der eigenen Gesetze und die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen sicherstellt", so Amnesty. Dennoch appellieren die Menschenrechtler nochmals an das Königreich, die Todesstrafe abzuschaffen.

se/wa (afp, kna, dpa)