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Amnesty rügt US-Militärjustiz

11. August 2014

Im Kampf der westlichen Militärallianz gegen die Taliban leidet vor allem die afghanische Zivilbevölkerung. Tausende Menschen wurden getötet oder verletzt. Amnesty International fordert Gerechtigkeit für die Opfer.

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ISAF-Soldaten mit Festgenommenen in Afghanistan (Foto: AFP)
Bild: Romeo Gacad/AFP/Getty Images

Kurz vor Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan verlangt Amnesty International eine Untersuchung angeblicher Kriegsverbrechen. Die Familien von zivilen NATO-Opfern warteten bislang vergeblich auf Gerechtigkeit, erklärte die Menschenrechtsorganisation in Kabul. Sie wirft der US-Militärjustiz schwere Versäumnisse vor. Sogar offensichtliche Vergehen der Militär-Allianz würden ignoriert. Die meisten Verantwortlichen habe man bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen.

Seit der Invasion von US-Truppen wurden Tausende Afghanen getötet oder verletzt. Betroffene und deren Angehörige hätten kaum Chancen auf eine Entschädigung, heißt es in dem Amnesty-Bericht, für den 125 Zeugen, Opfer und Familienmitglieder interviewt wurden. Die Organisation sei zehn Fällen zwischen 2009 und 2013 nachgegangen, bei denen insgesamt 140 Zivilisten getötet worden seien. Keine dieser Taten habe die Milltärjustiz strafrechtlich verfolgt. Unter den Opfern seien auch Schwangere und mindestens 50 Kinder gewesen, sagte Amnesty-Vertreter Richard Bennett.

Verschwunden, gefoltert, getötet

Die Organisation berichtet über spurlos verschwundene Menschen, Folter an Gefangenen und die Tötung von Zivilisten. Eine der Fallstudien, die Amnesty veröffentlichte, bezog sich auf die Razzia einer US-Spezialeinheit in der Provinz Wardak, westlich der Hauptstadt Kabul, zwischen 2012 und 2013. Ein Zeuge, der von dem Spezialkommando festgehalten wurde, sagte aus, dass er täglich brutal geschlagen und mit Elektroschlägen und Wasser gefoltert wurde. Einer seiner Mitgefangenen sei von den amerikanischen Soldaten getötet worden.

Laut Amnesty hat die US-amerikanische Justiz seit 2009 in nur sechs Fällen US-Soldaten für Verbrechen in Afghanistan vor Gericht gestellt. Die Menschenrechtsorganisation forderte das amerikanische MIlitär auf, eine umgehende Untersuchung der Vorfälle aus dem Bericht aufzunehmen.

Militärs können Aufklärung unterdrücken

Das US-Militärstrafsystem müsse dringend reformiert werden, sagte Bennett. Bislang entschieden militärische Befehlshaber darüber, ob ein Strafverfahren eingeleitet werde - und keine unabhängige Ermittlungsbehörde. Amnesty appelliert auch an Deutschland als Truppensteller in Afghanistan, sich dafür einzusetzen, dass Todesfälle unter Zivilisten umfassend untersucht und Opfer entschädigt werden.

In dem über 13-jährigen Konflikt zwischen der westlichen Militärallianz und den aufständischen Taliban hat vor allem die Zivilbevölkerung gelitten. Nach einem Bericht der Vereinten Nationen starben 2014 in den ersten sechs Monaten 1.564 Zivilisten. Das ist ein Anstieg um 17 Prozent, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Die Kämpfe zwischen der afghanischen Armee und den Taliban haben sich in diesem Jahr stark ausgeweitet.

US-Soldaten mit einem liegenden angeschossenen Mann in Afghanistan (Foto: AFP)
Taliban oder harmloser Zivlist? Soldaten mit einem angeschossenen MannBild: Tony Karumba/AFP/Getty Images

Schutz vor Strafverfolgung

Die afghanischen Behörden sollen Ende des Jahres selbst die volle Sicherheitsverantwortung für das Land übernehmen. Für die geplante Unterstützungs- und Ausbildungsmission nach Abschluss des Kampfeinsatzes im Dezember haben die USA Bedingungen gestellt. Dazu gehört auch der Schutz vor Strafverfolgung durch afghanische Behörden.

jj/kle (epd, dpa, afp)