1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Amerikas Umwelt im Notstand

Daniel Scheschkewitz, Washington11. März 2004

Bisher war Umweltpolitik in den USA nebensächlich. Allmählich kann man aber die Klimakatastrophe nicht mehr ignorieren. Nun entdeckt Präsident Bush neue Technologien und heimische Reserven für seinen Wahlkampf.

https://p.dw.com/p/4lxi
Antrieb mit Wasserstoff: So könnte das Auto der Zukunft aussehenBild: AP

Die Umweltpolitik spielt in den USA noch immer eine untergeordnete Rolle - daran haben auch die zuletzt steigenden Benzinpreise oder der Stromausfall im Norden der USA im letzten Sommer wenig ändern können. Präsident Bush hat gleich zu Beginn seiner Amtszeit das Kyoto-Klimaprotokoll verworfen. Und es ist wenig wahrscheinlich, dass ein demokratischer Präsident, sollte er im November gewählt werden, diese Entscheidung rückgängig machen würde.

Dennoch gibt es Anzeichen für eine Wende in der amerikanischen Umweltpolitik. Kyle McSlarrow, stellvertretender Minister für Energiefragen, bringt es auf den Punkt: "Wir brauchen mehr Energiequellen und eine größere Flexibilität. Und wir müssen diese Energiequellen effizienter nutzen."

Wasserstoffauto als Zukunftsvision

Vor allem die steigende Abhängigkeit von Ölimporten macht den Amerikanern zu schaffen. Schon jetzt werden 50 Prozent allen Treibstoffs aus dem Ausland importiert, bis zum Jahr 2025 werden es 75 Prozent sein. Keine günstige Perspektive für ein Land, in dem Autos Unmmengen von Benzin schlucken und der Verbraucher vor allem eins will: billig tanken. Präsident Bush hat deshalb die Entwicklung von Wasserstoff–Autos zur Zukunftsdevise erhoben: "Wenn wir uns anstrengen, werden unsere Wissenschaftler und Ingenieure die technischen Schwierigkeiten lösen und ein entsprechendes Fahrzeug auf den Weg bringen. Dann können die Kinder, die heute geboren werden, später mal ein Wasserstoffauto fahren, ohne die Umwelt zu schädigen."

David Doniger, Experte bei der Umweltorganisation NRDC ("Natural Resources Defence Council") in Washington, hält diese Zukunftsvision für verfehlt. "Wir müssen von unserer Ölabhängigkeit wegkommen, indem wir den Treibstoffverbrauch der Autos reduzieren, die jetzt unsere Straßen bevölkern." Hinsichtlich verringertem Treibstoffverbrauch habe es die Regierung Bush versäumt, steuerliche Anreize für Konsumenten und Industrie zu schaffen.

Umweltkatastrophe rückt näher

Bushs Umweltpolitik stellt Doninger, der auch der amerikanischen Delegation bei den Verhandlungen über das Kyoto-Protokoll angehörte, ein sehr schlechtes Zeugnis aus. "Erneuerbare Energiequellen tauchen nur als Lippenbekenntnis auf, und in Sachen Treibhauseffekt hat man überhaupt nichts Konstruktives getan."

Dabei wissen auch amerikanische Wissenschaftler die globalen Klimadaten durchaus zu deuten. Nach jüngsten Daten haben die zwölf heissesten Sommer der letzten 140 Jahre nach 1990 stattgefunden. Und Harvard-Professor John Holdren zählt die weiteren Hinweise auf, die auf eine globale Klimakatastrophe hindeuten: "Die jährliche Niederschlagsmenge steigt im Durchschnitt, mehr Niederschläge fallen in Unwettern, die Gletscher schmelzen, die arktische Eisdecke schmilzt, der Meerespiegel steigt, Waldbrände nehmen zu, ebenso wie die Schäden aus Sturm- und Flutschäden." Die Frage sei daher nicht, sagt Holdren, wann den USA das Öl ausgehe, oder gar die Kohle, deren Vorräte in den USA noch für 250 Jahre ausreichen. Die Frage sei, wann die Umwelt endgültig zerstört ist.

Entdecken von alternativen Energien

Den Ernst der Lage scheint man aber allmählich in breiteren Kreisen zu erkennen. Auch in den USA bahnt sich eine Trendwende in der Energiepolitik an. Strom aus Wind- und Sonnenenergie werden in einzelnen Bundestaaten wie Kalifornien zunehmend genutzt, und im Kongreß arbeiten die Senatoren Joe Liebermann und John McCain parteiübergreifend an einem Klimaschutzgesetz, dass erstmals auch in den USA verbindliche Obergrenzen für den Aussstoß der Kohlendioxid-Emissionen festsetzen würde.

David Doninger meint: "Die Bereitschaft, sich mit dem Phänomen des globalen Klimaanstiegs auseinanderzusetzen, ist in den letzten vier Jahren gewachsen. Wer immer die Wahl gewinnen wird, es wird eine andere Umweltpolitik geben, aber wer gewinnt, wird dabei nicht unwichtig sein."