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Politik

America first, Japan second

Martin Fritz
9. Februar 2017

Das anstehende Treffen von Premierminister Shinzo Abe mit Donald Trump wird als Testfall gesehen, ob der US-Präsident den protektionistischen Tönen gegen enge Verbündete auch Taten folgen lässt. Martin Fritz aus Tokio.

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USA Treffen Donald Trump und Shinzo Abe
Bild: picture-alliance/dpa/Cabinet Public Relations Office/Ho

Abe trifft Trump

Golf als Eisbrecher. Bei seiner ersten Begegnung mit Trump im November kurz nach den gewonnenen Präsidentschaftswahlen brachte Japans Premierminister Shinzo Abe einen Golfschläger als Geschenk in den New Yorker Trump Tower. Als Gegengeschenk erhielt er ein Golfpoloshirt von Donald Trump.

Abes zweite Begegnung mit US-Präsident Donald Trump beginnt an diesem Freitag im Weißen Haus in Washington, sie mündet am Samstag in eine gemeinsame Golfrunde auf Trumps Luxusanwesen Mar-a-Lago in Palm Beach. Die Einladung in den Privatklub von Trump sei ein "Beleg für die Stärke unserer Allianz und der tiefen ökonomischen Verbindungen zwischen den Vereinigten Staaten und Japan", sagt Sean Spicer, Sprecher des Weißen Hauses.

Treffen zwischen Donald Trump und japanischem Premierminister Shinzo Abe
Shinzo Abe traf Donald Trump im November 2016Bild: picture-alliance/Ho/Cabinet Public Relations Office

"Stärke der Allianz"

Dies sind auch die beiden Themenschwerpunkte für den Gipfel. So möchte Abe sich vergewissern, dass Washington die enge Sicherheitspartnerschaft mit Japan fortsetzen. Zwar hatte vergangene Woche US-Verteidigungsminister James Mattis bei seinem Antrittsbesuch in Japan Abe gesagt, man stehe "100 Prozent Schulter an Schulter". Bei der Beteiligung an den Stationierungskosten für die US-Truppen sei Japan ein Vorbild, erklärte Mattis. Aber Abe möchte von Trump persönlich hören, wie das US-Engagement in Asien aussehen wird. So befürchtet Japan wirtschaftliche Abmachung zwischen China und den USA, bei der sicherheitspolitische Fragen nicht ausreichend berücksichtigt werden könnten.

Wachstums- und Beschäftigungsinitiative

Als zweites Ziel hat sich Abe vorgenommen, die Kritik von Trump am "unfairen" Handel zwischen Japan und den USA sowie der "Abwertung" der japanischen Währung abzumildern. "Ich möchte erklären, dass beim Handel nicht eine Seite, sondern beide Seiten Nutzen haben", sagte Abe vor der Abreise im japanischen Parlament.

Japan US-Verteidigungsminister James Mattis | Tomomi Inada, Verteidigungsministerin
US-Verteidigungsminister Mattis (l.) mit der japanischen Amtskollegin Tomomi InadaBild: Getty Images/AFP/F. Robichon

Dafür hat der Premier eine "US-japanische Wachstums- und Beschäftigungsinitiative" im Gepäck. Das Papier soll die Aussicht enthalten, in den USA 700.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen und in den nächsten zehn Jahren 450 Milliarden Dollar für neue Märkte zu investieren wie Infrastruktur, Roboter und künstliche Intelligenz sowie Internet und Weltraum. Ferner stehen nach inoffiziellen Angaben Hochgeschwindigkeitszüge, Modernisierung von 3.000 Zug- und U-Bahn-Waggons sowie hocheffiziente Gas- und neuartige Kompakt-Atomkraftwerke auf der Vorschlagsliste.

Japans Unternehmen zögern

Die Regierung in Tokio hat nach einem Bericht der Wirtschaftszeitung "Financial Times" in den vergangenen Wochen bei großen japanischen Unternehmen händeringend Zahlen zu ihren Ausbauplänen in den USA abgefragt. Es sollte so eine hohe Summe zustande kommen, dass der US-Präsident Trump nach dem Treffen mit Abe Eindruck über Twitter schinden könnte. Doch viele Konzerne zögerten. Toyota zum Beispiel hat Investitionen von zehn Milliarden Dollar über fünf Jahre versprochen. Das war jedoch ohnehin geplant. Aber auf den Export von rund einer Million Fahrzeugen jährlich aus Japan in die USA will man bisher nicht verzichten.

Die Regierung Abe wünscht sich auch, dass der staatliche Pensionsfonds GPIF in US-Infrastruktur investiert. Aber GPIF-Präsident Norihiro Takahashi steuerte dagegen. Der Fonds investiere unabhängig von der Regierung und nur zum Nutzen der Rentenempfänger.

USA Akio Toyoda in Detroit
Toyotas Präsident Akio Toyoda auf der Automesse in Detroit 2017Bild: Reuters/M. Blinch

Einen Tag  vor dem US-japanischen Gipfel kündigte der große japanische Autozulieferer Nisshinbo an, seine Pläne für den Neubau einer Produktionsstätte in Mexiko zu beenden. Das Land sei eigentlich der favorisierte Standort für das neue Nordamerika-Werk gewesen, sagte ein Unternehmenssprecher. Trumps Aussagen über die Handelspolitik sei der Grund für den Meinungsumschwung gewesen. Berichten zufolge will Nisshinbo bis zu 83,5 Millionen Euro in eine neue Fabrik für Bremsbauteile investieren.

Kein TPP-Ersatz

Vor allem hat Japans Regierung ihren Plan nicht aufgegeben, das transpazifische Freihandelsabkommen TPP mittelfristig zu retten. Als ersten Schritt in diese Richtung will Japan den USA einen neuen Rahmen für Gespräche über Wirtschafts- und Währungsfragen vorschlagen. Unter Leitung von Vizepräsident Mike Pence und Japans Finanzminister Taro Aso würden beide Seiten Regeln für fairen Handel und Investitionen erarbeiten und dabei auch die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in den USA diskutieren. Von diesem Plan will Abe Trump überzeugen, berichteten japanische Medien. Davon verspricht sich Japan, dass die verabredeten Regeln letztlich identisch mit dem TPP-Vertrag wären und sich später auf ganz Asien ausweiten ließen.

Dagegen will Abe Gespräche über ein bilaterales Freihandelsabkommen mit den USA als TPP-Ersatz vermeiden. Er hat viel politisches Kapital in TPP investiert, etwa um die Absenkung der Importzölle für einige Agrarprodukte durchzusetzen. Bei bilateralen Verhandlungen würde Trump Änderungen zugunsten der USA verlangen. "Bei solchen Verhandlungen hätte Japan bedeutende Nachteile", sagte ein hoher Regierungsbeamter der japanischen Tageszeitung "Tokyo Shimbun".

Japan Puppenhersteller Kyugetsu Inc - Puppe von Donald Trump
Donald Trump als japanische Puppe für MädchenfestBild: Reuters/T. Hanai

2016 hatte Japan mit 61 Milliarden Dollar das zweithöchste Handelsdefizit mit den USA erwirtschaftet. Dabei stieg die Zahl der exportierten Autos weiter an. Ein bilaterales Handelsabkommen mit den USA ginge daher zu Lasten der japanischen Autoindustrie, die für den hohen Exportüberschuss verantwortlich ist. Auch die japanischen Bauern wären betroffen. Die einflussreiche US-Lobby der Schweine- und Rindfleischproduzenten hat Trump bereits aufgefordert, von Japan niedrigere Importzölle für US-Fleischprodukte zu verlangen.

"Ein bilaterales Abkommen wäre ein Selbstmordkommando für Abe und jeden anderen japanischen Premierminister", meint Deborah Elms vom Asian Trade Center in Singapur. Daher dürfte Abe beim Gipfel mit Trump oder zu einem späteren Zeitpunkt eigene Vorschläge machen, wie sich das Handelsdefizit verringern lässt, zum Beispiel durch vermehrten Import vom Schiefergas, einem in Tonsteinen enthaltenen Erdgas, oder durch Kauf von US-Militärflugzeugen und anderen Waffensystemen. In jedem Fall steht Premier Abe eine Gratwanderung bevor: Er muss dem Druck von Trump ausweichen, ohne seinen wichtigsten Partner zu verärgern.